„Gennßhenker-Fest“ war Riesen-Erfolg

Engagierte Ehrenamtliche ließen Geschichte lebendig werden

SCHIERLING, 02.08.2010. Wie ein gutes Omen hatte sich eine feine weiße Wolke am Himmel in der Form eines Ganserls über das „5. Gennßhenkher-Fest“ gelegt. Mit rund 5000 Besuchern wurden dann auch alle bisherigen Rekorde gebrochen. Die Schierlinger genossen es, ihr „Dorf“ – den Ortskern – so richtig erleben und auskosten zu dürfen. Die Organisatoren um Ortsheimatpfleger Georg Schindlbeck waren sehr zufrieden und erhielten viel Lob und Zuspruch von allen Seiten.

"Einfaches Volk" beim Eintopfessen
Während sich die Prominenz am Gänsebraten labte, musste das Volk mit Holzlöffel den Eintopf aus den Vertiefungen im Tisch essen
Aufgehängte Gans-Puppe
Die geschundene Gans als Symbol für eine misslungene Verpflegungs-Rettungsaktion

Alle Elemente wurden am Wochenende auf der „Viehmarktwiese“ erlebbar gemacht. Die Wiesenerde und das Gras der Laberaue rochen frisch nach dem Regen der letzten Woche, das Wasser des Flusses diente vor allem den Kindern als Spielplatz und den Akteuren zur Kühlung, der Geruch von Schießpulver hing ständig in der Luft und beim Feuerwerk sowie der „flammenden Laber“ legte das Feuer eine wohlige Atmosphäre über das Veranstaltungsgelände. Die Große Laber, der Allersdorfer Bach und der Schererbach sowie die Wiesen dazwischen – jeweils mit eigens gebauten Holzstegen verbunden – waren der Schauplatz. Alles vor dem Hintergrund der historischen Dorfmühle und des Schlosses. „So ein schönes Gelände gibt es sonst nirgends!“, bestätigte ein teilnehmender Gast aus Memmingen.

Einmaliges Gelände

Von den rund 700 Akteuren wurde alles vorgelebt, was das Jahr 1633 in Schierling prägte. Schießübungen zum Erhalt der Verteidigungsbereitschaft, die Darstellung eines Gefechtes mit Spießen und Vorderladergewehren, kochen in einfachen Gefäßen, essen aus Vertiefungen in der Tischplatte, tanzen, spielen und singen trotz Angst und Not. Wenn die damalige Dorfgemeinschaft so lebte, dann könnte sie ein Vorbild sein für die Jetztzeit! Dass die Fest-Gemeinde es konnte, darüber waren Hans-Peter Stöckl und Adolf Wallner am Schluss besonders beeindruckt. „Es wurde nicht gestritten, niemand hatte ein böses Wort, keine Aufregung, jeder wollte dafür sorgen, dass alles klappt!“, so ihre Feststellung. Das historische Geschehen spielte sich in einem abgesperrten Bereich ab, der für „Zivilisten“ nicht zugänglich war. Es sollte wirklich alles authentisch bleiben. Die Besucher konnten nur zuschauen und manche von ihnen verspürten eine Sehnsucht und waren sich sicher: „Beim nächsten Mal bin ich auch dabei!“.

Landrat Raynald Tanter beim Schießen
Der französische Landrat Raynald Tanter versuchte sich mit dem Vorderladergewehr und traf nicht

Für die Besucher waren 2000 Schau-Sitz-Plätze aufgebaut. Sie wurden von der Fanfaren-Gruppe auf jeden Höhepunkt hingeführt und von Georg Schindlbeck ständig mit Informationen über die Ausrüstung von Musketieren und Pikenieren versorgt. Es gab außerdem Vorführungen mit den Waffen, der a-Capella-Chor unterhielt mit alten Liedern, der Zauberer zog die Kinder an, das Mäuse-Roulett war ein besonderer Magnet, es gab Spiele mit Holzutensilien, der kleine Lukas spielte auf der Trompete und es gab zu essen und zu trinken.

Der Zauberer umringt von Kindern
Der Zauberer nahm die Kinder in seinen Bann
Hiebe für Bgm. Christian Kiendl
Auch der Bürgermeister hatte beim Übungsschießen nicht getroffen und musste deshalb Schläge, Hohn und Spott ertragen

Dank für Raum und Zeit

Am Sonntag traten die „Sexer“, die Gemeindeverantwortlichen, auf den Plan. Sie überzeugten sich zusammen mit dem Kelheimer Hauptmann – in Person des ehemaligen Munitionsdepot-Kommandanten Friedrich Bronsart – von der Einsatzbereitschaft ihrer Männer. In der Pfarrkirche wurde Gottesdienst gefeiert, bei dem Pfarrer Josef Helm über „Raum und Zeit“ predigte und bewusst machte, dass die Zeit Geschenk Gottes ist und die Erinnerung daran vor Einbildung und Überheblichkeit bewahrt. Helm, der ehemalige Militärpfarrer, erwies sich als ausgezeichneter Schütze und belegte den 3. Platz. Fast die gesamte Prominenz, einschließlich Bürgermeister Christian Kiendl, Landrat Raynald Tanter von der französischen Partnerschaftsgemeinde Penmarc’h und dem Hauptmann selbst, musste Hiebe auf den Hintern einstecken. Sie alle hatten die Scheibe verfehlt. Beim gemeinsamen Mal wurden schließlich die Standesunterschiede deutlich: Der Prominenz wurde Gänsebraten aufgetischt, dem Volk Eintopf in die Mulden ihres Esstisches geschöpft, der von Klaus Kindler über offenem Feuer besonders köstlich zubereitet wurde. Am Samstagabend erhellte ein großes Feuerwerk den Ort und am Sonntag zum Abschluss wurde der Schererbach illuminiert.

Einzug der Schützen und der Herren Sechser
Einzug der "Herren Sexer" und der Schützen
Mutter und Tochter in historischem Kostüm

Einige Details zum Fest

Gefecht. Die Gefechtsdarstellung am Samstagnachmittag war ein außerordentliches Spektakel. Georg Schindlbeck wies ausdrücklich darauf hin, dass es nicht um Kriegsverherrlichung, sondern allein um Geschichtsdarstellung ging. Es wurden Kanonen eingesetzt und die Soldaten immer wieder in den unmittelbaren Kampf Mann gegen Mann geschickt. Sieger gab es nicht. So, wie es in jedem Krieg eben nur Verlierer geben kann.

Unterhaltung. Feuerspucker aus dem eigenen Nachwuchs des Vereins für Heimatpflege, kleine und große Jongleure, die „Landshuter Turmpfeifer“ sowie Tänzer sorgten für die Unterhaltung der Besucher.

Vereine. Neben dem Verein für Heimatpflege waren aktiv der Liederkranz Schierling, der Förderverein der Schierlinger Schulen, Partnerschaftsverein Eggmühl/Schierling-Penmarc’h, Tennisclub und Rock’nRoll-Club „Hot Legs“.

Sieger. Das „richtige“ Vorderladerschießen am Schießstand der Schützengesellschaft „Wasservögel“ gewann Ludwig Mießlinger vor Ulf Parre und Pfarrer Josef Helm.

Gottesdienst
Auch beim Gottesdienst assistierten historisch gekleidete Kinder
Einzug der Schützen und der Herren Sechser
Die versammelten Fahnen der teilnehmenden Gruppen
Einzug der Schützen und der Herren Sechser
Die Fanfarengruppe führte auf die Höhepunkte der Gefechtsdarstellungen hin

 
Text und Fotos: Fritz Wallner