„Jesuitenmeile“ bringt Fördergelder

Beim Konzept für Ortskernsanierung gehtes nicht nur ums Bauen. Der Bezug auf die Herrschaft des Ordens bedeutet für das Rathaus auch einen Ansporn.
Von Michael Jaumann (MZ, 25.10.2010)

SCHIERLING, 27.10.2010. Seit drei Jahren geistert der Begriff „Jesuitenmeile“ durch den Ort. Rathaus, Marktrat und engagierte Bürger sind immer wieder damit befasst – mal bei einer Planungswerkstatt, mal bei der Städtebauförderung, also immer bei Themen, die sich mit der Zukunft des Marktes befassen. Die breite Masse weiß mit dem Schlagwort hingegen eher wenig anzufangen. Im Jahr 2007 habe sein Vorgänger Otto Gascher zusammen mit Verwaltungsleiter Fritz Wallner die „Jesuitenmeile“ geprägt, berichtet Bürgermeister Christian Kiendl im MZ-Gespräch. Gemeint sind damit jene Gebäude aus der Glanzzeit Schierlings, als sich zwischen demEnde des 17. und dem Ende des 18. Jahrhunderts nagelneue und renovierte Gebäude unter dem Besitz der Straubinger Jesuiten wie eine Perlenkette aneinanderreihten: Schloss, Mühle, Ökonomiegebäude, Gastwirtschaft „Grüner Kranz“ und die Brauerei mit Taverne.

Luftbild der Jesuitenmeile
Das inzwischen baufällige Ensemble von Schloss, Stadel und Mühle (von links) ist eine der Hinterlassenschaften aus der Glanzzeit der Jesuiten in Schierling.

Ortssanierung müsse heutzutage in Konzepte eingebettet werden um förderfähig zu werden, hätten Gascher und Wallner damals erkannt. Als solch innovativer Ansatz sei dem Rathaus die Jesuitenmeile erschienen „als etwas Gewachsenes, das sich lohnt im Ort wieder zum Vorschein zu kommen“, wie es Geschäftsleiter Wallner formuliert. Dabei zeigten die Verantwortlichen übrigens durchaus Weitblick. Seit der Fußball-EM 2008 und den diversen Feierzonen ist die „Meile“ ja inzwischen im öffentlichen Sprachgebrauch fest etabliert. Seit dem Amtsantritt von Kiendl im Jahr 2008 ist die „Jesuitenmeile“ Bestandteil der Konzeption von der Ortsentwicklung. Der finanzielle Erfolg in Form staatlichen Geldregens ließ auch nicht auf sich warten. Die Regierung stellt seither immer wieder Geld unter dem Aspekt der „Jesuitenmeile“ in Aussicht.

Die konkreten Maßnahmen, für die das Geld verwendet werden soll, beschließt der Marktrat. Anschließend werden die Aufgaben als Einzelmaßnahmen zur Genehmigung bei der Regierung eingereicht. So wurde bereits das Alte Schulhaus als ältestes Schulhaus Deutschlands renoviert, denn für den Jesuitenorden galt die Bildung der Jugend als zentral. Und so sollen jetzt unter dem Jesuitenaspekt solche Umbauten im Umfeld der privaten Brauerei verwirklicht werden, die im öffentlichen Interesse einer Aufwertung des Ortskerns liegen. Mit dem Begriff Jesuitenmeile verbindet die Verwaltung einen dauernden Anspruch. Weil die Jesuiten Schierling weitergebracht hätten, resultiere daraus der geistige Anspruch, etwas zu bewegen. Dass die Verwaltung die Konzeption der Jesuitenmeile nicht von Beginn an groß in der Öffentlichkeit publik machte, begründet sie damit, dass die Tragfähigkeit des Konzepts beim Staat als Geldgeber zunächst nicht abzuschätzen war. „Wir wollten nicht als Aufschneider gelten“, sagt Wallner. Zumal sich mit der Jesuitenmeile manche Visionen verbinden lassen, bis hin zu einemzentralen Ort für Bildung und Freizeit. Herr des Verfahrens sei aber in jedem Fall der Marktrat, macht Kiendl dazu deutlich.

Die Straubinger Jesuiten in Schierling

Mit einer Erbschaft imJahre 1680beginnt eine rund 100-jährige Herrschaft des Jesuitenordens über die Hofmark Schierling. ZumErbe, über das zunächst ein paar Jahre mit demStift Niedermünster gestritten wurde, gehörten Schloss, Taverne und Brauerei, berichtet der Schierlinger Chronist Johann Straßer. Die Straubinger Jesuiten waren damals zuvor bereits im Besitz einiger Bauernhöfe und Ackerlands. Die Zeit der Jesuiten war gekennzeichnet durch eine rege Bautätigkeit. So entstanden laut Straßer der Neubau des Grünen Kranzes (einer Gastwirtschaft), der Bau der Dorfmühle, einer Taverne mit demBrauhaus und das Ökonomiegebäude des Schlosses. Das Schloss selbst wurde baulich verändert. Die Mühle war der erste größere Neubau des Ortes, die Brauerei ersetzte einen baufällig gewordenen Vorgängerbau. Die Jesuiten schufen damit einen prachtvollen Ortskern. Sie sorgten im Ort aber auch für Ausbreitung und Festigung des Katholischen Glaubens. Nach demVerbot des Ordens durch Papst Clemens XIV im Jahr 1773 fiel der Besitz der Straubinger Jesuiten nacheinander demStaat, demMalteserorden und Graf Montgelas zu.

Text: Michael Jaumann, MZ
Foto: Markt Schierling