Brauerei wertet Ortskern Schierling auf

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Marktrat stimmte „Ordnungsmaßnahmen“, Grunderwerb und Baumaßnahme zu

SCHIERLING, 01.10.2010. Der Anfang der sechziger Jahre aufgrund des wirtschaftlichen Drucks entstandene städtebauliche Wildwuchs auf dem großen Brauerei-Areal mitten im Ortskern soll schon bald bereinigt werden. Der Marktgemeinderat sprach sich bei einer Entscheidung mit historischer Bedeutung mit großer Mehrheit dafür aus, dass diese einmalige Chance im Rahmen des Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ genutzt werden soll. Mit einer von der öffentlichen Hand finanzierten „Ordnungsmaßnahme“ werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Eigentümer eine Investition tätigen kann, die einerseits die wirtschaftliche Entwicklung der Brauerei sichert und andererseits den Ortskern nachhaltig verbessern und stabilisieren wird. Es handelt sich um den Einstieg in die Sanierung der „Jesuitenmeile“.

Verantwortliche bei der Besichtigung
Der Marktrat Schierling sprach sich mit großer Mehrheit dafür aus, mit „Ordnungsmaßnahmen“ im Rahmen der Städtebauförderung die Grundlagen dafür zu schaffen, dass städtebauliche Missstände auf dem Brauerei-Areal als Grundlage für die vom Eigentümer geplanten Investitionen beseitigt werden

Die Investitionsbereitschaft des Brauerei-Eigentümers Leonhard Salleck bezeichnete Bürgermeister Christian Kiendl als einen „Glücksfall“. Viele Gemeinden in einer ähnlichen Situation wären froh, wenn es für ungenutzte Projekte einen Investor und Nutzungsvorschläge geben würde. Die Brauerei sei auf rund 4000 Quadratmeter Grundfläche die massivste Bausubstanz. Seit Jahrzehnten stehe ein großer Teil leer, weil schon unter Thurn und Taxis die Abfüllanlage und die Verwaltung nach Regensburg verlegt worden waren. Gerade dieser Teil sei für den Ortskern ein städtebaulicher Missstand, weil die Gebäude zunehmend verfallen und ein schlechtes Bild geben.

Der Markt führe schon seit Jahren mit dem Eigentümer Gespräche, die jetzt aufgrund des konkreten Vorhabens der Umgestaltung zur „Besucherbrauerei“ mit architektonischen Höhepunkten in die entscheidende Phase treten. „Für den Markt Schierling stellt sich die Aufgabe, alles dafür zu tun, dass der Brauereikomplex als historisch gewachsene wichtige städtebauliche Entwicklung erhalten bleibt und die wirtschaftliche Existenz gesichert werden kann!“, machte Kiendl deutlich. Ein wichtiges Ziel sei auch, den Gebäudekomplex so zurück zu bauen, dass sich die Harmonie des Ortsbildes wieder ergibt und Entwicklungsmöglichkeiten entstehen. Schließlich solle der Markt alle Bestrebungen fördern, die Brauerei zu einem Besuchermagnet werden zu lassen, denn damit würden die Ziele aus dem gesamtörtlichen Entwicklungskonzept im Hinblick auf den künftigen Tourismus wesentlich gestärkt. Der Bürgermeister machte deutlich, dass er nur Maßnahmen zur Finanzierung durch die öffentliche Hand – im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren – vorschlage, die entweder im öffentlichen Interesse liegen oder auf öffentlichem Grund erfolgen. Er fasste zusammen: „Wir haben jetzt die einmalige Chance, zusammen mit dem Eigentümer den Ortskern entscheidend zu stärken!“. Allen Mitgliedern des Marktrates waren im Vorfeld der Sitzung detaillierte Erläuterungen zugeleitet worden, die hier abgerufen werden können: PDF-DateiErläuterungsbericht zum Förderantrag (PDF-Datei, 35 KB)

Diskussion im Marktrat

Auf die Frage von Dr. Josef Kindler (CSU) erklärte Geschäftsleiter Fritz Wallner, dass die Abwicklung der Maßnahmen mit einem städtebaulichen Vertrag gesichert werden soll. Maria Feigl (CSU) freute sich, dass jetzt Bewegung in diese Sache kommt, damit der Tourismus aufgewertet und die Brauerei zu einem Magnet wird, der mehr Leute nach Schierling zieht. Armin Buchner (SPD) war dagegen, weil es sich um Maßnahmen handelt, die einem einzelnen Privatmann zugute kommen und das Geld der Gemeinde für andere Maßnahmen nötig sei. Dem Widerspruch der Bürgermeister vehement unter Hinweis auf den Nutzen für die Gemeinde. Elfriede Treppesch (FW) bescheinigte Herrn Salleck, dass er sehr erfolgreich arbeitet und die Maßnahmen für seine Werbung braucht. Sie fragte, wieso die Mehrheit glaube, dass Salleck die Maßnahme nicht auch ohne das Engagement der Gemeinde mache. „Der macht das sowieso“, meinte sie und lehnte ab. Franz Häring (CSU), der Vorsitzende des Gewerbevereins, dagegen sah den Markt in der Mitverantwortung und er war sicher, dass alles eine „Mordsbereicherung“ für Schierling wird. Werner Braun (CSU) sprach von einer einmaligen Chance, die es in den nächsten 30 bis 40 Jahre nicht mehr gebe. „Manchmal muss man eben sich ergebende Chancen am Schopf packen!“, so Braun. Andreas Schmalhofer (CSU) wies darauf hin, dass der Markt vor 13 Jahren froh war, als Salleck das Gebäude übernommen hat. Jetzt stehe der Markt in der Bringschuld. Rudolf Eisenhut (Bürgerliste) verlas eine Stellungnahme und stellte rhetorisch die Frage, was wäre, wenn sich die Brauerei selbst nicht engagieren würde und über kurz und lang den Betrieb einstellen würde. „Es würde ein zerfallendes Industriedenkmal mitten im Ort – analag zum nicht mehr rettbaren Schloss – übrig bleiben“, so Eisenhut. Weil diese Vorstellung allen nicht gefalle, stimmte er zu. Peter Ritschel (Parteilose) bedauerte, dass jetzt entschieden werden muss, empfahl aber aufgrund der finanziellen Lage Zurückhaltung, wollte abwarten und sprach sich zum jetzigen Zeitpunkt dagegen aus. Dazu gab der Bürgermeister den Hinweis, dass es ernst zu nehmende Anzeichen für eine Verbesserung der finanziellen Situation des Marktes gibt. Fritz Wallner begründete den städtebaulichen Missstand insbesondere damit, dass seit Jahren keine Nutzung in den leer stehenden Gebäudeteilen möglich ist und es deshalb im öffentlichen Interesse liegen, wenn eine Bereinigung erfolgt.

Luftaufnahme der Brauerei
Die Luftaufnahme der Brauereigeländes zeigt die Größe des Areals. Die für den Abbruch vorgesehenen Gebäudeteile sind orange markiert.

Kosten für die geplanten Maßnahmen

Abbruch. Für Abbrucharbeiten sind – einschließlich der Nebenkosten – rund 66000 Euro veranschlagt. Dazu kommen die Umlegung von Heizungszentrale, Elektroinstallation und Kälteanlage mit rund 46000 Euro, der Wiederaufbau eines Giebels sowie die Entsiegelung des Innenhofes mit zusammen etwa 43000 Euro. Zur „Ordnungsmaßnahme“ werden außerdem die städtebaulich bedingten Mehrkosten für die Parkplatzbeläge mit rund 19000 Euro gerechnet.

Grunderwerb. Bereits seit 6 Jahren wird ein Grundstücksteil von etwa 285 Quadratmeter für öffentliche Parkplätze genutzt. Für den – so Bürgermeister Kiendl – längst überfälligen Teil sind einschließlich der Nebenkosten 62000 Euro veranschlagt.

Baumaßnahme. Das „Katzengassl“ als öffentlicher Weg und der Katzengraben als öffentlicher Wasserlauf sollen im Zuge der Gesamtbaumaßnahme saniert und neu gebaut werden. Dafür sind derzeit 102000 Euro vorgesehen. Geschäftsleiter Fritz Wallner erklärte, dass es sich bei allen Zahlen um sorgfältige Schätzungen handelt, die erst mit der genauen Planung konkretisiert werden können.

Finanzierung

Rahmenbewilligung. Der Bürgermeister informierte, dass die Regierung der Oberpfalz für das Jahr 2010 eine Rahmenbewilligung für förderfähige Investitionen von bis zu 700000 Euro aus dem Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ erteilt hat.

Zuschussanträge. Jetzt gelte es über die Bezuschussung der einzelnen Maßnahmen mit der Regierung n Gespräche eintreten. „Wir halten alle Maßnahmen für förderfähig im Sinne der Richtlinien, eine Entscheidung darüber gibt es aber noch nicht“, so Wallner. Nach Abzug der Zuschüsse rechnet die Verwaltung damit, dass aus Haushaltsmitteln der Jahre 2011 und 2012 zusammen insgesamt rund 25000 Euro für den Grunderwerb, 70000 Euro für die „Ordnungsmaßnahme“ und 40000 Euro für die Baumaßnahme „Katzengraben/Katzengassl“. Geld wird an den Brauereieigentümer nur für den Grunderwerb fließen.

Entscheidung

Die CSU-Fraktion stimmte mit 12 Mitgliedern geschlossen für das Gesamtpaket, dazu Erich Fischer von den Freien Wählern und Rudolf Eisenhut von der Bürgerliste. Dagegen stimmten der Rest der Freien Wähler, die SPD sowie die Parteilosen mit jeweils zwei Mitgliedern. Dr. Johann Strasser von der Bürgerliste war entschuldigt.

Siehe auch PDF-DateiBericht der Mittelbayerischen Zeitung vom 08.09.2010 (PDF-Datei, 266 KB)

 
Text und Fotos: Fritz Wallner