Gemeindeentwicklungsplanung im Dialog

Auftaktveranstaltung für gesamtörtliches Entwicklungskonzept – Großes Interesse

SCHIERLING, 15.11.2009. Mit 230 Teilnehmern bei der besonderen Bürgerversammlung im überfüllten „topfour“ gelang in Schierling ein fulminanter Auftakt für den gesamtörtlichen Entwicklungsprozess im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“. Die Rückmeldung der Bürger ergab, dass nach wie vor der starke Verkehr im Ortskern und der zum Teil schlechte Zustand der Ortsdurchfahrt als besonders störend empfunden werden. Gewünscht wurde vielfach ein Hotel, der Erhalt von Einkaufsmöglichkeiten im Ortskern und auch die Sanierung des historischen Schlosses kamen als Anliegen zur Sprache.

Foto der Präsentationswand
„Mit(einander)reden“ hieß in Schierling das Motto der Auftaktveranstaltung zum gesamtörtlichen Entwicklungsprozess im Rahmen der Städtebauförderung
Bgm. Christian Kiendl
Bürgermeister Kiendl freute sich über das große Interesse

Bürgermeister Christian Kiendl zitierte zum Auftakt und als Grund für den Entwicklungsprozess den griechischen Philosophen Sokrates: „Wer glaubt etwas zu sein, hat aufgehört etwas zu werden.“ Kiendl blickte zurück auf den erfolgreichen Stadtmarketing-Prozess vor zehn Jahren. Doch niemand dürfe zu stolz oder überheblich sein, sondern es gelte „demütig zu versuchen, unsere Schwächen zu entdecken, aus diesen zu lernen und diese zu beseitigen“, so der Bürgermeister. Er freute sich über den überaus guten Besuch, denn der zeige, dass es der Bürgerschaft sehr wichtig ist, den Blick in die Zukunft zu wagen. Das Nachdenken erfolgt nach Kiendl auch im Hinblick auf die teilweise Fertigstellung der B 15 neu im nächsten Jahr, an die Schierling mit zwei Auffahrten angebunden wird. Die Arbeit sei für die gesamte Bürgerschaft wichtig, „damit wir uns immer mehr wohlfühlen – und „daheim sein“ können – wie es auf den Präsentationstafeln und auf der Einladung zu lesen war, so der Bürgermeister.

Wolfgang Grubwinkler
Wolfgang Grubwinkler hatte die Auftaktveranstaltung strukturiert und animierte die Bürger, ihre Meinung zu schreiben und zu sagen
Dr. Volker Salm
Dr. Volker Salm stellte den Einzelhandel Schierlings vor

Beim Prozess gehe es um „Ortsentwicklung im Dialog“, sagte Wolfgang Grubwinkler vom Beratungsbüro Identität&Image Eggenfelden. Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ sei langfristig ausgerichtet und biete die Chance, eine tragfähige Strategie zu entwickeln anstelle von hektischem Aktionismus. Es werde eine Dialogkultur geschaffen statt unnötigem Streit, Effizienz und Wirkungsgrad würden gesteigert und die vor Ort vorhandene Kreativität werde genutzt. „Mehr kann die Politik nicht machen, als offen und ehrlich auf die Bürger zuzugehen. Sie sind schon ein gutes Stück weiter als andere und wollen noch weiter kommen.“, sagte Wolfgang Grubwinkler. In erster Linie werde nach Grubwinkler die Profilierung und Standortaufwertung von Ortszentren angestrebt mit einer Kooperation von privaten und öffentlichen Akteuren. Neu sei, dass der Staat nicht nur Geld für die Sanierung und Neugestaltung von Gebäuden, Straßen und Plätzen gibt, sondern auch für deren Belebung. „Die Ortsmitte als Wohnzimmer soll nicht nur schön eingerichtet sein, sondern auch pulsieren“, so Grubwinkler. Er verwies darauf, dass der Prozess bereits mit dem „DemoCrazy“-Jugendtag gestartet wurde, bei dem über 2000 junge Leuten sich inspirieren ließen und viele auch konkrete Vorschläge für die Gemeindentwicklung aus ihrer Sicht machten.

Dr. Dürsch
Architekt Dr. Dürsch wollte vor allem die Belange der älteren Menschen berücksichtigen

Einzelhandelsgutachter Dr. Volker Salm berichtete, dass auch die Haushalte im Umland die positive Entwicklung Schierlings wahrnehmen. Während des kommenden Prozesses sei die spannende Frage zu klären, ob weiterer Einzelhandel im Ortskern angesiedelt werden kann. Architekt Dr. Hans-Peter Dürsch nannte das Brauereigelände und das Thema „Ort am Fluss“ als wichtige Herausforderungen. Und insbesondere sei ein Augenmerk bei der Planung darauf zu richten, dass die Menschen älter werden und deshalb nicht mehr so mobil sind. Mit Karten hatten die Bürger die Möglichkeit zu artikulieren „Worauf ich besonders stolz bin“ und „Was ich an Schierling bedauere.“ Es stellte sich heraus, dass beim Städtebau und Verkehr noch einiges zu tun ist, bei „Soziales und Generationen“ das Positive überwiegt, die Menschen mit den Einkaufsmöglichkeiten recht zufrieden sind und es bei Tourismus und Gastronomie noch einiges zu tun gibt.

Bürger werden begrüßt
Ungewöhnlich viele Bürger ließen sich auf den Start des Prozesses ein

Städtebauförderung

Ferdinand Ketterl
Bauoberrat Ferdinand Ketterl wies Schierling eine Sonderstellung zu

„Ich habe noch nie erlebt, dass sich die Leute so für die Erneuerung ihrer Gemeinde interessieren. Mit Schierling sind keine Maßnahmen vergleichbar und es ist erstaunlich, mit welcher Kontinuität der Prozess betrieben und die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Bürgern gestaltet wird.“, sagte Bauoberrat Ferdinand Ketterl von der Regierung der Oberpfalz. Er erwarte weiterhin einen spannenden Prozess, an dessen Ende das gesamte Konzept steht. „Man will wissen, wie alles aussehen wird und was es kosten wird“, so Ketterl. In erster Linie gehe es um verstärkte Investitionstätigkeit, gerade auch in Zeiten der wirtschaftlichen Krise. Der Bürgermeister hatte Ferdinand Ketterl als den „kompetenten und konstruktiven Ansprechpartner“ bezeichnet, wenn es bei der Regierung um Beratung und Gewährung von Zuschüssen geht.

Themen der Bürger bei „Jetzt red’ i“

Einkaufen. Der „Penny-Markt“ oder eine andere Einkaufsmöglichkeit muss auf alle Fälle im Ortskern bleiben. Darin stimmten Martin Nieberl, Franz Heiß und Christoph Wagner insbesondere im Interesse der älteren Leute überein. Auf die konkrete Frage von Hubert Werkmann, ob ein Antrag für die Verlegung des Penny-Marktes vorliegt, erklärte Bürgermeister Kiendl: „Für einen Penny-Markt im Westen gibt es keinen Antrag und es liegt keine Genehmigung vor“.

Cafe
Ein Cafe wird vermisst

Wochenmarkt. Ein Cafe mit Kuchenangebot am Sonntagnachmittag sowie einen Bauernmarkt wünschte sich eine Neubürgerin, die sich ausdrücklich wegen des Einzelhandels und der gesamten Atmosphäre für Schierling als neue Heimat entschieden hatte. („Die Schierlinger wissen gar nicht, wie gut sie es haben“, sagte sie nach der Veranstaltung.)

Ortsteile. „Vergesst die kleineren Ortsteile nicht“ mahnten Josef Röhrl aus Oberdeggenbach und Franz-Xaver Schmauser aus Zaitzkofen, der mit dem Proporz bei der Zusammensetzung der Lenkungsgruppe nicht zufrieden war. Wolfgang Grubwinkler hielt den für nicht so wichtig, sondern viel mehr „einen Wettbewerb der guten Ideen“.

Schloss. „Mir blutet das Herz, wenn ich das Schierlinger Schloss ansehe“, sagte Rosi Kammermeier. Sie wünschte eine Sanierung so wie in Neufahrn oder anderswo.

Verkehr. Willi Amann und Anja Scheiner beklagten den starken Verkehr und den schlechten Zustand der Ortsdurchfahrt sowie die Raser und Krawallmacher im Sommer. „50 ist zu schnell, deshalb brauchen wir eine Beschränkung auf 30 Kilometer“, so Scheiner.

Otto Gascher
Stellvertretender Landrat Otto Gascher

Hotel. Jürgen Weichmann wünschte sich den baldigen Bau eines Hotel, damit es in Schierling qualitätsvolle Übernachtungsmöglichkeiten gibt.

Grün. Jürgen Schumann vermisste Grün im Ortskern. Der „Pseudo-Biergarten“ war ihm zu wenig. Die Zustimmung bei diesem Einwand war gering.

Schulen. Hans-Peter Dietlmeier fragte kritisch nach, warum es in Schierling keine weiterführenden Schulen gibt. Stellvertretender Landrat Otto Gascher erklärte dazu, dass Schierling wegen seiner Randlange und der Nähe zu Mallersdorf als ehemaligem Kreissitz keine Realschule und kein Gymnasium erhalten wird.

Hans-Peter Stöckl
Hans-Peter Stöckl: „A bisserl bin ich schon stolz auf unser Schierling!“

Biogas-Anlage. Annemarie Brandl befürchtete, dass mit dem möglichen Bau einer Biogasanlage der Verkehr im Ort nach einer Entlastung aufgrund der B 15 neu erneut wieder steigen könnte.

Energie. Thorsten Krzywania hoffte, dass nicht nur der Ortskern von Schierling besprochen wird, sondern auch der verstärkte Einsatz von regenerativer Energie eine Rolle spielen wird.

Sinn. Erich Gohl kritisierte den eingeleiteten Prozess, vermisste die Jugend und befürchtete, dass nichts dabei herauskommt. Dem widersprach Hans-Peter Stöckl aufgrund seiner Erfahrungen mit der Dorferneuerung und dem Stadtmarketing-Prozess. „Ich bin schon a bisserl stolz auf unser Schierling!“, so Stöckl, und wenn alle mithelfen, kommt sicher etwas heraus, so seine Einschätzung. Grubwinkler verwies darauf, dass es für die Jugend am 1. August eine eigene Auftaktveranstaltung gegeben hat.

Bürger werden begrüßt
Beim Eingang wurden die Besucher mit einem Schreibblock, Kugelschreiber und Schlüsselanhänger begrüßt
Impressionen
Viele Besucher brachten ihre Anliegen auch schriftlich vor
Impressionen
Impressionen
Impressionen
Impressionen

Text und Fotos: Fritz Wallner