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„Historisches wird authentisch spürbar“

Oberkonservator Dr. Schmidt vom Landesdenkmalamt besichtigte Baustelle des „ältesten Schulhauses Deutschlands“ und lobte die gute Ausführung

SCHIERLING, 25.06.2011. Am „ältesten Schulhaus Deutschlands“ kann man jetzt bereits erahnen, wie es in Zukunft das Ortsbild bereichern und eine Stätte der historischen Erinnerung an das 17. Jahrhundert wird. Oberkonservator Dr. Michael Schmidt vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der jetzt auch für Schierling zuständig ist, besichtigte zusammen mit Bürgermeister Christian Kiendl, Architekten und Bauleuten zum ersten Mal die Baustelle. Er sparte nicht mit Komplimenten für das „sehr schöne Konzept“ und die „gute Ausführung“. Und er freute sich, dass die Ergebnisse sehr authentisch sind und das Historische an dem 400 Jahre alten Denkmal spürbar ist. Bürgermeister Christian Kiendl dankte auch der Denkmalpflege für die fachliche Begleitung und er freute sich über die guten Finanzierungsmöglichkeiten.

Oberkonservator Dr. Schmidt mit Verantwortlichen aus Schierling
In Schierling freute sich Oberkonservator Dr. Michael Schmidt (Bildmitte) vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege über die authentische Restaurierung des ältesten Schulhauses Deutschlands

Zum Besichtigungstermin hatten Architekten und Bauleute Putz- und Farbmuster für die Fassade gesetzt, um das künftige Aussehen erahnen und Details besprechen zu können. Die Befunduntersuchung bereits lange Zeit vor dem Baubeginn hatte ergeben, dass das Schulhaus – das gleichzeitig das älteste Wohnhaus Schierlings ist – ursprünglich eine sehr intensive dunkelrote Farbe hatte. „Wir greifen den ursprünglichen Zustand auf und fassen die Kastenfenster dunkelgrau ein“, so Architekt Michael Feil. Ein Teil des uralten Putzes insbesondere an der Ostseite konnte gehalten werden. Der Rest wird dem ursprünglichen Zustand nachempfunden.

Im Gebäudeinnern wurde Dr. Schmidt darüber informiert, dass die barocken Türstöcke und Türen mit alten Beschlägen sowie Teile des Originalfußbodens restauriert und erhalten bleiben. Ein von Ortsheimatpfleger Georg Schindlbeck schon vor Jahrzehnten gesichertes barockes Fenster wird später im Gebäude zu sehen sein. Die Fensterstürze waren zur Erbauenszeit aus Eichenholz gefertigt und als Grundlage für den Putz dienten Haselnussgerten. Diese werden durch Rohrmatten ersetzt.

Auf die Frage nach der künftigen Nutzung trug Schindlbeck vor, dass das Gebäude und Umfeld zum künftigen Kristallisationspunkt für „Schierling im 17. Jahrhundert“ werden soll. Dabei wird auch die Schulentwicklung eine große Rolle spielen, denn schon sehr lange vor anderen Gemeinden leistete sich Schierling beste Lehrer, was darauf zurück zu führen sei, dass die Verantwortlichen sowohl Sinn für Bildung als auch genügend Geld hatten. Er werde Unterricht aus der damaligen Zeit demonstrieren und dafür auch die Einrichtung vorschlagen. Im Veranstaltungsraum im Erdgeschoss aber auch in anderen Räumen können nach Schindlbeck auch andere Vereine und zeitgeschichtliche Interessierte Aktivitäten entfalten. Besonders wies er darauf hin, dass aus dieser Schule auch bedeutende Persönlichkeiten hervorgegangen sind. Als berühmtesten nannte er Pater Placidus Heinrich, den späteren Domherrn und Gelehrten.

Dr. Michael Schmidt machte ein großes Kompliment für das Werk, das jetzt schon als gelungen angesehen werden kann. „Man kann sich freuen auf so viel Gutes!“, fasste er zusammen. Bürgermeister Kiendl sah in dem Gebäude ein „wertvolles Schmuckstück“. Wenn es im Herbst fertig sein wird, dann erhoffte er sich eine Initialzündung auch für andere wertvolle Bausubstanz im Ort. Im Anschuss an den Hochbau werden auch die Treppenanlage zur Kirche und die Straße „Hundsmarkt“ erneuert.

Begutachtung der Putz- und Farbmuster
Das Schulhaus erhält wieder die ursprüngliche dunkelrote Farbe und eine dunkelgraue Einfassung der Fenster

Ältestes Schulhaus Deutschlands

Geschichte. Aufgrund einer dendrochronologischen Untersuchung wurde der untere Teil des Gebäudes bereits um 1609 errichtet. Eine Aufstockung aus Stein erfolgte um 1700.

Erbauer. Der Ortsheimatpfleger vermutet, dass das Gebäude von der Gemeinde gebaut und die Schule vom Pfarrer bewirtschaftet wurde, weshalb es für den Lehrer ein geschriebenes Recht gab, am Mittagstisch des Pfarrers teilzunehmen.

Schule. In der Chronik gibt es den Hinweis, dass bis zu 170 Kinder in dem kleinen Haus unterrichtet wurden. Im Untergeschoß war die Holzlege, im Mittelgeschoß der Schulraum und darüber die Lehrerwohnung.

Finanzierung. Der größte Teil der rund 830.000 Euro teueren Maßnahme wird über das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ finanziert. Außerdem bekommt der Markt Schierling Zuschüsse von der bayerischen Landesstiftung, dem Landesamt für Denkmalpflege, Bezirk Oberpfalz und Landkreis Regensburg.

 
Text und Foto: Fritz Wallner