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Mobbing an der Schule macht krank!

Anti-Mobbing-Theater an der Placidus-Heinrich-Grund- und Mittelschule

SCHIERLING, 16.04.2011. Mobbing an Schulen äußert sich in unterschiedlichen Situationen. Ausgeschlossen zu sein tut weg und macht krank. Das erlebten die Schülerinnen und Schüler der Placidus-Heinrich-Grund- und Mittelschule beim Anti-Mobbing-Theater mit dem Titel „hier stinkt’s!“. Und sie erfuhren, dass nach Schätzungen jeder fünfte Selbstmord mit Mobbing zu tun hat. Schulleitung, Schulförderverein und die „offene Ganztagsschule“ der evangelischen Jugendsozialarbeit wollten informieren und aufklären. Für Rektorin Gudrun Honke ist das eine „traurige und verletzende Sache“ und sie erklärte unmissverständlich: „Wir dulden Mobbing an unserer Schule nicht!“.

Szene des Theaterstücks mit Zuschauern
An den Placidus-Heinrich-Schulen Schierling wurden die Schüler eindrucksvoll mit Mobbing konfrontiert, bei dem es immer jemanden ganz schlecht geht

Die beiden Schauspieler Stefanie Boettger und Daniel Zimpel vom „ueTheater“ Regensburg brauchten als Requisiten nur eine kleine Bühne und zwei Stühle. Alles andere bewirkten ihre Gesten und die Sprache. Die Zuhörer-Kinder waren zuerst – aus der Unsicherheit heraus – belustigt über die vielen dargestellten Situationen, wie Marko von seinen Klassenkameraden gehänselt wurde. Auch, wie Tina an der Spitze der Hänsler auf Marko zuging und ihm klar machte: „Keiner kann Stinker leiden“. Die anschließende Klage von Marko, „so geht das den ganzen Tag und keiner hält zu mir“ verursachte zwar Mitleid aber noch nicht die Betroffenheit, die am Schluss des Stückes den Raum füllte. Marko empfindet Angst und Scham, er geht so spät aus dem Haus wie es geht, um seinen Klassenkollegen und denen aus der Parallelklasse schnell zu entkommen. Und wenn sie ihn doch erwischen und hänseln können, dann triumphiert Tina „ohne Stinki – so nennen sie Marko – wäre es echt voll langweilig.“ Lehrer und Schulleiter schließen sich diesem Mainstream an, jedenfalls schreiten sie im Stück nicht genügend ein. Marko ist in jeder Beziehung das Opfer. Er kriegt den Anschiss und die anderen lachen sich kaputt, so ist seine Wahrnehmung. Und schon denkt er an Selbstmord. Schließlich spitzt sich die Sache dramatisch zu und Marko droht, „wenn schon, dann nehme ich ein paar von euch mit“. Da wird das ganze Elend deutlich, das hinter Mobbing steckt. Die konsequente Zerstörung eines Menschen aus Spaß wird bald zum bitteren Ernst. „Wer ist gestört und wer ist normal?“, so die rhetorische Frage der Schauspieler an die Kinder.

Mobbing geht von einer Meute, von einem randalierenden Haufen aus. Die Unsicherheit wich beim Publikum und ein schlechtes Gewissen war da und dort in einem Gesicht erkennbar. „War ich da auch schon einmal dabei?“, mag sich mancher insgeheim gefragt haben. Jedenfalls wurden die Folgen offensichtlich: Seelische Schäden und Zerstörung des Selbstbewusstseins - und dabei heißt es doch eigentlich, dass der Starke dem Schwachen helfen soll. Plötzlich drehte sich das Geschehen. Aus der Provokateurin Tina wurde selbst ein Opfer, die von ihren Eltern zu etwas gezwungen werden soll das sie nicht will. Schnell erkannten die Schüler der vierten bis sechsten Klasse geht, wie weh es tut wenn man ausgeschlossen ist. Wie schnell es aber gehen kann, selbst zu den ausgeschlossenen – zu den gemobbten – zu gehören. Marko schafft aufgrund dieser Erfahrung den Wechsel – auch mit dem Wechsel der Schule. Er schlüpft bewusst aus seiner Opferrolle heraus, geht auf andere zu, fängt an den „Coolen“ zu spielen und wird mutig und freier, über seine Erfahrungen zu reden. Am Schluss steht die Frage der Gemobbten: „Habt ihr auch nur eine blasse Ahnung wie das ist?“ Jeden Tag habt ihr mich umgebracht...

Zuschauer beim Theaterstück
Aufmerksam verfolgten die Schülerinnen und Schüler das Theaterstück

Anti-Mobbing Theater „Hier stinkt’s“ an der Schule Schierling

Konzept. Das Sozialverhalten ist grundlegend für das Schulklima, sagt Diplom-Sozialpädagogin Gertraud Kurz-Hofmann von der evangelischen Jugendsozialarbeit (EJSA), die in Schierling die Schulkinder am Nachmittag betreut. Das Theater war ein Einstieg in ein längerfristiges Projekt zu diesem Thema.

Verstetigung. In der offenen Ganztagsschule wurde an zwei Projekttagen zusätzlich das Thema „Gemeinsam sind wir stark“ behandelt. Dabei geht es nach Kurz-Hofmann besonders darum, auf die Stärken der Kinder zu schauen und in spielerischer Gruppenarbeit herauszufinden, was jeder einzelne für die Gemeinschaft leisten kann.

Finanzierung. Der Schulförderverein hat die Theateraufführung finanziert und damit einen sehr guten Griff getan.

Workshop

Schülerin verfolgt aufmerksam das Theaterstück
Beim Workshop waren die jungen Leute sehr betroffen über die Folgen von Mobbing

Die Schülerinnen und Schüler haben die Ernsthaftigkeit von Mobbing erkannt. Dies wurde beim Workshop im Anschluss an das Theaterstück und durch die Fragen deutlich.

Was ist Mobbing?
Wenn über Monate hinweg bewusst Methoden eingesetzt werden mit dem Ziel jemanden fertig zu machen. Das Stück soll auf aufklärend wirken, so die Schauspieler. Sie rieten allen, die in eine solche Situation kommen, sich sehr schnell vertrauensvoll an eine Person mit Autorität zu wenden, also an Streitschlichter, Sozialarbeiter oder Lehrer.

Wieso mobben die Leute?
Die Schauspieler erläuterten, dass die Mobber oft selbst Probleme haben. Sie fühlen sich schlecht und können dieses Gefühl verbessern, wenn sie andere schlecht machen. „Das bringt oftmals eine Bestätigung, die man daheim nicht bekommt“, so Stefanie Boettger. Und es geht um Statusfragen, also einen guten Stand in der Gesellschaft zu haben, nämlich etwas wert zu sein.

Woher kommt das Theaterstück?
Der Regisseur hat selbst solche Erfahrungen gemacht, erfuhren die Kinder. Acht Jahre sei er in der Gemeinschaft beliebt gewesen, doch auf einmal habe sich das gedreht.

Kann Mobbing noch schlimmer werden?
Ja, die Spitze sind Amoklauf und Selbstmord. Doch viel Schlimmes darunter wie Menschen miteinander umgehen.

Text und Foto: Fritz Wallner