MUNA-Entscheidung wird schwierig

Fünf Anbieter stellten bei Klausurtagung den Markträten von Schierling und Langquaid ihre Konzepte vor

SCHIERLING/LANGQUAID, 24.10.2010. Am Ende der 12-stündigen Klausurtagung der beiden Markträte Schierling und Langquaid zur Zukunft der ehemaligen „Muna“ war klar, dass es sich um eine sehr schwierige Entscheidung handelt, welches der vorgestellten fünf Nutzungskonzepte künftig auf dem 176 Hektar großen Gelände des ehemaligen Munitionsdepots verwirklicht werden soll. Als „Stunde der Wahrheit“ für die Gemeinden ebenso wie für die Anbieter hatte der ehemalige BR-Redakteur Ulrich Böken – der als Moderator fungierte – die Präsentation bezeichnet. Die fast vollzählig versammelten Markträte fühlten den aus der Umgebung und von weit her angereisten Anbietern gehörig auf den Zahn

Auditorium bei den Beratungen
Sie waren beeindruckt von der inhaltlichen Tiefe der Klausurtagung der Markträte zur künftigen Nutzung des ehemaligen Munitionsdepots Schierling, v.l. Schierlings Bürgermeister Christian Kiendl, Geschäftsleiter Otto Lang, Bürgermeister Herbert Blaschek (beide Langquaid), Kreisbaumeisterin Urte Kelm (Regensburg), stellv. Kreisbaumeister Peter Reil
Ulrich Böken
Moderator Ulrich Böken: „Die Bürger wünschen sich einen neuen Stern für die beiden Gemeinden!“

Bürgermeister Christian Kiendl eröffnete die erste Runde im Schierlinger Restaurant „topfour“ und wünschte sich tief gehende Informationen ebenso wie das Loslassen aller Fragen durch die Markträte. Der zweite Teil fand im Hotel „Zur Post“ in Langquaid statt, wo Bürgermeister Herbert Blaschek vermutete, dass mancher der Investoren in der Nacht zuvor wohl nicht besonders gut geschlafen habe.

Ulrich Böken führte die Dimension vor Augen, um die es geht: Das Gelände sei deutlich größer als die 140 Hektar in Wackersdorf, auf denen einmal die atomare Wiederaufbereitungsanlage geplant war. Der Journalist war schon 1979 mit der militärischen Einrichtung befasst gewesen, als außerhalb des Zauns kleine Ampullen mit S-Los aufgetaucht sind. Im Jahre 1988 verfasste Böken den Radiobeitrag „Das Wunder von Schierling“ über die Lagerung von Giftkampfstoffen in der Muna zum Ende des Krieges. Ein für die beiden Gemeinden Schierling und Langquaid sehr wichtiges Dokument. Es sei einem guten Stern zu verdanken gewesen, dass das Depot damals nicht bombardiert worden sei. „Die Bürger wünschen sich einen neuen Stern für die beiden Gemeinden!“, stellte Böken fest und machte deutlich, dass die „Entwicklungsmaßnahme Muna“ ein wichtiges Stück Zukunft in den Landkreisen Regensburg und Kelheim sein kann.

Gruppenbild der Verantwortlichen

Jeder Anbieter hatte zwei Stunden Zeit zur Präsentation und zur Beantwortung von Fragen. Die Präsentation brachte eine ausgewogene Mischung von unterschiedlichen Nutzungsansätzen. „Ja, es gibt bereits konkrete Kontakte zu Firmen und Vereinen“, war zu hören. Meistens orientierten sich die potentiellen Investoren bei ihrer Präsentation hart an den vier politischen Zielen der beiden Gemeinden. Die Fragen der Gemeinderäte gingen in die Tiefe der Konzepte sowie der peripheren Themen, wie Infrastruktur und zeitlicher Verwirklichung der vorgestellten Nutzungen. „Wie sieht die Erschließung aus und wer bezahlt die Straßen?“, wurde gefragt. Die Orte sollten keinen zusätzlichen Verkehr bewältigen müssen. Wo Parkplätze geplant sind, wie hoch die zu erwartende Zahl und die Qualität der neuen Arbeitsplätze und die gesamte Investitionssumme sind, wie die Finanzierung des späteren Unterhalts – nicht des Kaufs – gesichert ist, ob Teile aus dem Gelände an andere verkauft oder verpachtet werden, ob es ein Energiekonzept gibt, wie die Bunker genutzt werden sollen, und vieles mehr: Das Interesse der Markträte ließ kein Thema aus. Die Anbieter hatten zum Teil bereits auf eigene Kosten Untersuchungen zu möglichen Altlasten und zur Lärmentwicklung machen lassen und vorgelegt. Ingenieur- und Architekturbüros hatten in deren Auftrag konkrete Planungen erstellt. Hinter den Nutzungskonzepten steckte meistens ein enormer finanzieller Aufwand, denn alle wollen den Zuschlag bekommen.

Muna-Luftbild
Das Luftbild zeigt die Lage des Geländes des ehemaligen Munitionsdepots

An den Beratungen beteiligten sich auch Kreisbaumeisterin Urte Kelm (Landkreis Regensburg) und der stellvertretende Kreisbaumeister Peter Reil (Kelheim). Kelm rühmte das von den Gemeinden gewählte Verfahren der Klausurtagung und die Vielfalt. Alles sei sehr informativ und in einer offenen Atmosphäre in großer Sachlichkeit und im fairen Dialog abgelaufen. Sie freute sich besonders über den „engen Schulterschluss der beiden Gemeinden“ bei der Lösung der Aufgabe. Peter Reil war beeindruckte vom großen Interesse der Markträte und er hielt den städtebaulichen Vertrag für das entscheidende Instrument zur Verwirklichung von Plänen.

Auch die beiden Bürgermeister waren am Ende sehr froh. Kiendl über die fast vollständige und engagierte Teilnahme der Markträte und für Blaschek habe sich bestätigt, dass der bisher gewählte Weg der richtige war um zu einer tragfähigen Entscheidung zu kommen. Böken regte eine Dauerausstellung über die Geschichte der Muna an und versicherte den beiden Gemeinden, dass sie vor keiner einfachen Entscheidung stehen würden.

Auditorium
Aufmerksame Zuhörer im Auditorium

Nachnutzung des Munitionsdepots Schierling

Zaun. Sämtliche Interessenten würden den Zaun um das Gelände nicht abbauen, sondern den Zugang über Tore ermöglichen – wahrscheinlich mit Eingangskontrollen. Denn dadurch sei die Sicherheit und der Schutz vor Vandalismus gewährleistet. Auch die Haftungsfragen spielten eine Rolle, wenn auf das Gelände unbegrenzt betreten werden könnte.

Gemeinsamkeiten. Alle Konzepte sehen Freizeitnutzungen für die Bevölkerung, die Kooperation mit interessierten Vereinen sowie den Erhalt des Gleisanschlusses vor.

Öffentlichkeit. Insbesondere diejenigen Anbieter, die über Absichtserklärungen hinaus gingen und konkrete Projekte mit ebenso konkreten Partner sowie Finanzierungsvorstellungen darlegten, wünschten weiterhin Vertraulichkeit. Das dient vor allem dem Schutz der vielen bereits involvierten Firmen, die später nicht dabei sein werden. Auch bei dem von den Initiatoren selbst in der Öffentlichkeit vorgestellten Konzept blieben konkrete Nachfragen der Markträte nach Details unter Hinweis auf den Wunsch ihrer Partner nach Vertraulichkeit unbeantwortet.

Zeit. „Wann greifen die geplanten Maßnahmen für die Bevölkerung?“, wurde konsequent gefragt. Es wurde bei den Antworten deutlich, dass das öffentliche Verfahrung für die Aufstellung von Bauleitplänen (Flächennutzungsplan, Bebauungspläne) wohl weit länger als ein Jahr dauern wird.

Auditorium
Auch die Pausen wurden für intensive Diskussionen genutzt
Pausengespräche Pausengespräche
Pausengespräche Pausengespräche
Pausengespräche Pausengespräche

Text und Fotos: Fritz Wallner