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Schäfflertanz-Gruppe bewahrt 75-jährige Tradition

Nach sieben Jahren wieder Auftritt vor tausenden Besuchern

SCHIERLING, 07.02.2010. Wenn die Schäfflertanz-Gruppe des Turnvereins ihren kunstvollen Reifen- und Figurentanz mit der „Krone“ zur Vollendung gebracht hatte, brandete nach jeder der neunzehn Aufführungen tosender Beifall auf. Unter Leitung von Hermann Zormeier lief alles so exakt, dass - wie tausende Besucher - auch der mit 87 Jahren älteste noch lebende Schäffler Wolfgang Bäumel voll des Lobes war. Bürgermeister Christian Kiendl und der Marktgemeinderat empfingen die Tänzer im Rathaus und das Gemeindeoberhaupt dankte besonders dafür, dass eine seit 75 Jahren bestehende Tradition fortgeführt wurde.

Die Tänzer auf dem Rathausplatz
Im gesamten Ort Schierling wurde der Schäfflertanz nach 75-jähriger Tradition aufgeführt und von tausenden Besuchern beklatscht
Spassmacher in Aktion
Spaßmacher gehören zu den Schäfflern, die den Menschen nach der Pest die Freude zurück bringen wollten

Es sah spielerisch aus, was die Männer mit ihren geschmückten Bögen zeigten, um mit dem Tanz „von der Laube über den Kreis zum Bogen“ zu kommen. Genau den Takt halten, immer die Knie so weit wie möglich nach oben ziehen und mit den Figuren den Klängen der Blaskapelle Donaustauf folgen, das war der Anspruch, den Hermann Zormeier an die gesamte Truppe stellte. Diese war voll konzentriert, mancher Tänzer hatte sich bei den ersten Aufführungen noch den Ablauf auf den Lippen zurecht gelegt und an ihren Gesichtern konnte einerseits Anspannung und andererseits Zufriedenheit bis Glück abgelesen werden. Immer nach der Musik zu „Aber heit is kold“. Neben den Tänzern im Glied wirkten Vortänzer, Fassschlager, Spaßmacher im Kasperlgewand und Reifenschwinger mit. Die Zuschauer beobachteten sehr genau, dass aus dem Schnapsglas, das auf dem Reifen des Schwingers saß, kein Tropfen verschüttet wurde. Tonangeber aber war eindeutig Hermann Zormeier, der mit seinem Sohn auch den Musikzug des Turnvereins führt.

Fassschläger
Die Fassschlager geben einen deutlichen Hinweis auf die Herkunft der Tradition

Bürgermeister Kiendl erinnerte im Rathaus beim Empfang daran, dass vor 75 Jahren unter dem damaligen Braumeister Georg Lederer die Tradition begründet wurde. Dies sei nicht ohne Grund geschehen, denn in der schon damals sehr bedeutenden Brauerei Schierling gab es „Schäffler“ – Schaff- oder Fassmacher, Binder, Böttcher, Kübler oder wie immer dieser Beruf genannte wurde. Kiendl freute sich, dass Wolfgang Bäumel, der einzig noch lebende dieses Berufssstandes und der älteste Tänzer zugleich, in seiner Originaltracht gekommen war. Bäumel tanzte zwischen 1948 und 1982. Einer der Höhepunkt war der – außerhalb des Sieben-Jahres-Rhythmus - eigens einstudierte Auftritt zur Hochzeit von Fürst Johannes von Thurn und Taxis mit Gloria. Regelmäßig war Bäumel am Fass gestanden und hatte mit dem Setzhammer das Eisen um das Holzfass getrieben. Der Bürgermeister sah alle Bürger der Tradition verpflichtet. Nicht um einfach nur nostalgisch zu sein, sondern um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass schon die Vorfahren das Beste für die Gemeinde wollten und den Kindern zu beweisen, dass es sich lohnt, anderen eine Freude zu machen und für sie da zu sein.

Überreichung der Auszeichnung
Bürgermeister Christian Kiendl (rechts) und stellvertretender Landrat Otto Gascher zeichneten den 87-jährigen Wolfgang Bäumel und den jetzigen langjährigen Leiter Hermann Zormeier aus

Der Schierlinger Schäfflertanz

Auszeichnung. Bürgermeister Kiendl überreichte an Hermann Zormeier als Dank dafür, dass er seit 1974 bei der Schäfflertanz-Gruppe für die Einstudierung sorgt, einen Zinnteller mit Marktwappen.

Lob. Stellvertretender Landrat Otto Gascher bestätigte eine ausgezeichnete Leistung. Und er wusste, von was er sprach, denn 1971 zur Eröffnung der neuen Regensburger Dult hatte er zu den Tänzern gehört und alles mühevoll einstudiert. Eine Grippe verhinderte allerdings den damaligen Auftritt.

Schäffler. Der 87-jährige Wolfgang Bäumel hat die Ausbildung zum „Schäffler“ zwischen 1937 und 1940 beim Fassmacher Karl Kraus in Dillingen gemacht. In seinem historischen Hut hat er von 1948 an alle Jahreszahlen vermerkt, an denen er mit den Tänzern unterwegs gewesen ist. Einmal hatte er für den großen Bogen der Tänzer ein ganz neues Fass gefertigt, das aber schon nach dem ersten Auftritt gestohlen worden war, erinnerte sich Bäumel.

Kleidung. Das Schäffler-Kostüm besteht aus schwarzen Schuhen, weißen Kniestrümpfen, schwarzer Kniebundhose, Schurzleder, roter Jacke und grüner Kappe mit weißem Federbusch. „Die werden von Mal zu Mal stärker“, beklagte Hermann Zormeier, denn es muss viel geändert und neu gemacht werden, damit jeder Tänzer bestens gekleidet ist.

Tänzer
Tänzer vor dem Rathaus
Spassmacher Spassmacher
Spassmacher Hermann Zormeier
Besucher und Schäffler im Gespräch
Senior-Tänzer

Text und Fotos: Fritz Wallner