Munitionshauptdepot Schierling aufgelöst

SCHIERLING, 12.10.2009. Am Donnerstag, 8. Oktober 2009 um 13.37 Uhr hat das Munitionshauptdepot Schierling endgültig aufgehört zu bestehen. Die Bundesdienstflagge wurde ein letztes Mal eingeholt – ein Trompeter des Luftwaffenmusikkorps 1 aus Neubiberg setzte den emotionalen Schlusspunkt. Die Militärs fügten sich der von der Politik vor fünf Jahren getroffene Entscheidung, die Kommunalpolitiker hielten an ihrer harten Kritik fest. „Das kann auch heute niemand verstehen!“, waren sich die Bürgermeister Christian Kiendl und Herbert Blaschek einig.

Einholung der Dienstflagge
Mit der Einholung der Dienstflagge wurde das Munitionshauptdepot Schierling nach 71 Jahren endgültig aufgelöst. Links der letzte Depotkommandant Oberstleutnant Neubert.
Bombe zur Erinnerung
Zur Erinnerung wurde dem Ort Schierling die Bombe überlassen, die wahrscheinlich in der Nähe des Gedenksteins aufgestellt wird

„Nein, hier ist nicht „Ground zero“, denn davor wurde gottseidank die Gegend zum Ende des Zweiten Weltkrieges bewahrt“, machte der evangelische Pfarrer Thomas Klenner bewusst. Doch für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin würde die Depot-Auflösung der „Stunde null“ gleichen. Als „letzte Munition“ übergab er dem Depotkommandanten Oberstleutnant Neubert ein Kreuz: Nicht als Zeichen der Abschreckung, sondern der Liebe.

Neubert gab einen detaillierten Einblick in die Geschichte des Depots, das 1938 im Zeichen der Aufrüstung als Luftmuna in Betrieb genommen wurde. Früher waren über 200 Leute beschäftigt, 2005 noch 70 und jetzt 20. Zuletzt waren 180 Truppenteile aus 120 Standorten mit Munition beliefert worden (PDF-DateiAnsprache im Wortlaut). Oberstleutnant Wieczoreck vom Munitionsdepot Altheim übernahm für die restlichen Wochen offiziell den verbliebenen Rest und freute sich, dass fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile eine neue Arbeit gefunden haben, sofern sie nicht vorzeitig in den Ruhestand gingen. Es gab feuchte Augen bei vielen der ehemaligen Mitarbeiter, die der offiziellen Zeremonie der Fahneneinholung beiwohnten. Bei der Nationalhymne versagte einzelnen die Stimme.

Der letzte Depotkommandant, OTL Neubert

Beim Empfang wurden deutliche Worte gesprochen. Landrat Herbert Mirbeth dankte allen, die in 53 Jahren dazu beigetragen haben, dass die Bundesrepublik in Frieden leben konnte. Stellvertretender Landrat Dr. Merkl aus Kelheim verwies auf die Ohnmacht der Parlamentarier, „denn solche Entscheidungen werden ganz woanders getroffen“. Langquaids Bürgermeister Herbert Blaschek erinnerte daran, dass gemeinsam um den Erhalt des Standortes gekämpft wurde, allerdings ohne Erfolg. „Die Entscheidung ist heute wie damals falsch!“, brachte er es auf den Punkt. Denn unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten könne eine Landesverteidigung nicht aufgebaut werden (PDF-DateiGrußwort im Wortlaut). Schierlings Bürgermeister Christian Kiendl stellte fest, dass die Wut mittlerweile der Trauer gewichen ist. Die Muna bleibe immer in Erinnerung, schon aufgrund des Gelübdes. „Sie können stolz sein auf ihre Lebensleistung!“, rief er dem ehemaligen und aktiven Personal zu (PDF-DateiGrußwort im Wortlaut). Viel Lob gab es von Oberst Brauchmann für Oberstleutnant Neubert, den Oberst Reiche vom Landeskommando Bayern auch von den Aufgaben eines Standortältesten entband.

Rund um den Auflösungsappell

Anstoßen vor historischem Schierling
Anstoßen vor historischem Schierling

Erinnerung. Oberstleutnant Neubert übergab an den Markt Langquaid das Depotwappen, das in Niederleierndorf einen Platz finden wird. Schierling bekommt die beschriftete Bombe vom Eingang des Depots sowie die Depot-Chronik in acht Bänden und auf Datenträger. Im Marktrat wird überlegt, die Bombe in der Nähe des Gedenksteins aufzustellen.

Feier. Für alle Teilnehmer und Besucher am Auflösungsappell gab es zum letzten Mal den legendären Erbenseintopf mit Würstchen aus der Truppenküche.

Gebet. Der katholische Pfarrer Josef Helm sprach das Gebet für alle Menschen, die im Depot tätig gewesen sind, für die Soldaten, die im Auftrag der Verteidigung unterwegs sind und er bat um eine friedliche Zukunft.

Zugesperrt. Erst zum Ende des Jahres wird letztmals der Schlüssel am Depottor umgedreht. Bis dorthin muss noch alles ausgeräumt werden. Die Bundesimmobilienverwaltung hat das knapp 180 Hektar große Gelände bereits im Internet zum Verkauf ausgeschrieben.

Luftwaffenmusikkorps
Das Luftwaffenmusikkorps sorgte für die feierlichen Momente
Ehrengäste
Viele Ehrengäste wohnten dem Appell bei
LuftwaffenmusikkorpsLuftwaffenmusikkorps
Auch viele ehemalige Depotangehörige kamen
Letztmals Eintopf in der Muna
Letztmals Eintopf in der Muna
Begutachtung des Wappens
Für Langquaid das Wappen...
Übergabe der Chronik
...und für Schierling die Bombe sowie die Chronik

Text und Fotos: Fritz Wallner