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100 Jahre Löwendenkmal Eggmühl

Festakt zum 100. Geburtstag mit über 300 Gästen

Das Löwendenkmal

EGGMÜHL, 22.08.2009. Der „Löwe von Eggmühl“ konnte vor 100 Jahren nur deshalb entstehen, weil geschichtsbewusste und ebenso hartnäckige Bürger allen Bedenken und Hürden der Bürokratie und Politik zum Trotz, selbstbewusst, konsequent und schlitzohrig zugleich, die Denkmal-Idee von Pfarrer Josef Schnirle umsetzten. Bei der 100-Jahr-Feier am Jahrestag der Enthüllung nannte es die Münchner Historikerin Dr. Katharina Weigand bei der Festansprache vor mehr als 300 Besuchern ein Glück, dass der Löwe den Metallsammlungen während des Zweiten Weltkriegs entgangen ist.

O. Gascher, W. Schreiner, C. Kiendl und Dr. K. Weigand
Die Münchner Historikern Dr. Katharina Weigand (rechts) erklärte zum 100. Enthüllungstag des „Löwen von Eggmühl“ dessen Entstehungsgeschichte auch v.l. stellvertretendem Landrat Otto Gascher, Eggmühls Altbürgermeister Willi Schreiner und Bürgermeister Christian Kiendl   
Bgm. Christian Kiendl bei der Festansprache
Bürgermeister Christian Kiendl bei der Festansprache

Bürgermeister Christian Kiendl erklärte, dass die gesamten Feiern während des Jahres 2009 die Aufgabe erfüllten, die damalige Zeit bewusst zu machen. „Das ist Heimatgeschichte. Ein Teil unserer Identität!“, so Kiendl. Es bestand die permanente Aufforderung: „denk mal!“. „Erinnere dich, informiere dich, mache dir das schwere Leben vor 200 Jahren bewusst, trag dein Wissen an die Kinder weiter, pflanze in ihnen die Ehrfurcht vor der Geschichte ein: das waren und sind unsere – meist stummen – Bitten an die interessierte Bevölkerung“, sagte der Bürgermeister. Er zollte Pfarrer Schnirle und den Eggmühlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts besonderen Respekt. Ihre Leistung habe darin bestanden, dass die Denkmal-Idee fest verankert werden konnte und der Denkmalverein nicht locker ließ, sondern „dass sie alle von der fortwährenden, weithin sichtbaren auf einem Sockel stehenden und in Kupferblech getriebenen Mahnung beseelt waren“. Ausdrücklich dankte Kiendl den Verantwortlichen der Flurbereinigung und des Marktes, die vor über 25 Jahren das mittlerweile fast in Vergessenheit geratende Denkmal wieder zu neuer Bedeutung erhoben haben. Und schließlich habe der Markt Schierling 69000 Euro in eine grundlegende Renovierung gesteckt. Kiendl nannte Denkmal einen Ausdruck der Liebe. „Die Liebe zur Heimat, zu den Vorfahren, zu den Opfern – eine Liebe der besonderen Art, die niemals aufhört und aufhören darf. Eine Liebe der Dankbarkeit, die wir rückblickend schulden und die wir uns selbst für unsere Existenz erhoffen“, schloss Kiendl. (Die Ansprache des Bürgermeisters im Wortlaut kann hier nachgelesen werden: PDF-DateiAnsprache im Wortlaut, PDF-Datei.)

Blick in die Holmer-Halle
Über 300 Besucher füllten die Festhalle
Dr. Katharina Weigand
Dr. Katharina Weigand

Vier Jahre harte Arbeit

Dr. Katharina Weigand stellte heraus, dass Pfarrer Schnirle im Jahre 1905 die Grundidee eines Denkmals für die gefallenen bayerischen Helden schriftlich an das Bezirksamt Mallersdorf richtete.

Er hatte sich ursprünglich einen Rundbau vorgestellt, der innen mit einem Gemälde der Eggmühler Schlacht ausgemalt werden sollte (den die Eggmühler aber später nicht wollten). Doch die Behörden sahen die angespannte politische Situation kurz vor dem Ersten Weltkrieg, im Jahr der ersten deutsch-französischen Marokko-Krise. Ein Projekt, das einen französisch-bayerischen Sieg über Österreich feiern wollte, ließ erste Alamglocken ertönen. Auch das bayerische Kultusministerium habe „mehr als zurückhaltend“ reagiert, so Dr. Weigand. Es gab zwar keine Ablehnung, doch es wurde eine solche Datailvorarbeit gefordert, bis zur Skizze und zum Modell des Denkmals. Es war zu vermuten, dass das die Eggmühler nicht auf die Reihe bringen würden.

Das focht die Eggmühler nicht an, auch wenn ihr eigenes patriotisches Geschichtsbild eventuell im Gegensatz zur Weltpolitik stand. Trotzdem begaben sie sich in die geschichtspolitische Defensive und erklärten nun nicht mehr, eine Monument für die bayerischen Soldaten, sondern ein Denkmal für die bei Eggmühl „Gefallenen“, also alle Toten.

Die Gründung des Denkmalvereins erfolgte am 11. März 1906. Vorstand wurde der Unterlaichlinger Lehrer Ferdinand Jungbauer, Kassier Pfarrer Schnirle und Schriftführer der Eggmühler Lehrer Rosenbeck.

Am 2. Oktober 1906 wurde festgelegt, dass der Mitgliedsbeitrag jährlich 1 Mark beträgt. Schnirles Idee der „Rotunde“ wurde verworfen und die Figur des Löwen ins Gespräch gebracht.

Am 21. April 1907 fiel die Entscheidung, dass der prominente Münchner Erzgießer Ferdinand von Miller der Jüngere mit Entwurf und Ausführung des Denkmals beauftragt wurde. Der Kassenbestand betrug nach Dr. Weigand gerade einmal 672 Mark. Der Löwe sollte in Bronze gegossen werden. Die ersten Kosten wurden auf 7000 Mark geschätzt.

Als am 13. Juni 1907 das Foto vom Modell des Denkmals einging erhöhten sich gleichzeitig die Kosten auf 8000 Mark.

Am 15. November 1907 kam die angeforderte Genehmigung. Vom Bezirksamt Mallersdorf wurde mitgeteilt: „Im Namen seiner Majestät des Königs haben seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, laut Entschließungdes K. Staatsministeriums des Innern (…) allergnädigst geruht, die Errichtung eines Denkmals zum Gedächtnis der in der Schlacht bei Eggmühl gefallenen Krieger nach Massgabe des vorgelegten Entwurfes zu genehmigen und dem Denkmal-Ausschuss Eggmühl auf die Dauer eines Jahres die Erlaubnis zu erteilen, behufs Aufbringung der Kosten für das Denkmal eine Sammlung dufrch Erlassung eines Aufrufes zu Geldbeiträgen unter Bezeichnung bestimmter Sammelstellen in den öffentlichen Blättern des Königreichs Bayern zu veranstalten.“ (Diese Sammlung sollte schlussendlich ganze 14 Mark erbringen.)

Das Jahr 1908 sei für den Verein „das Jahr der endgültigen Desillusionierung“, denn die Kasse wies gerade einmal 1500 Mark auf. Man entschloss sich zur Reduzierung der Kosten und zu einem billigeren Produkt. Der Löwe sollte eine Kopie des „Oberländer-Denkmals“ in Waakirchen – ebenfalls ein Entwurf von Millers - werden. Der Löwe nicht mehr in Bronze gegossen, sondern aus Kupfer getrieben. Die Gesamtkosten wurden auf 4500 Mark gesenkt. Ein neues Genehmigungsverfahren wurde eingeleitet, die Zeit knapp. Der ursprüngliche Enthüllungstermin 22. April 1909 wurde auf den 22. August verschoben, die dann ein veritabler Erfolg gewesen sei, wenngleich hoch- und höchstgestellte Persönlichkeiten der Feier ferngeblieben sind.

Noch heute ist nach Dr. Weigand ungeklärt, wer die letzten 600 Mark bezahlt hat. Darüber geben die Archivunterlagen keine Auskunft.

Sie wünschte dem Löwen, das er weitere Jahrhundertfeiern erlebt, „als Erinnerung an die Schlacht des Jahres 1809 einerseits, aber mindestens ebenso als Erinnerung an die Probleme beim Umgang mit der Geschichte im Jahre 1909, an denen sich bis heute nicht viel geändert haben dürfte“.

Die Schierlinger Doafmuse
Die Schierlinger Doafmuse umrahmte die Geburtstagsfeier

Rund um das Jubiläum

Feier. Die Geburtstagsfeier wurde wegen des unsicheren Wetters in die Holmer-Halle verlegt. Sie wurde umrahmte von der Schierlinger Doafmuse, mit der alle Eggmühler Vereine in die Festhalle einzogen, die unter anderem mit der Europafahne geschmückt war.

Historikerin. Dr. Katharina Weigand hat sich an der Ludwig-Maximilian-Universität München auf die bayerische Geschichte des 18., 19. und 20. Jahrhunderts spezialisiert und da vertieft auf das bayerische Königshaus.

Suche. Die Suche nach Unterlagen habe sich als schwierig herausgestellt. Im Staatsarchiv Landshut sei Dr. Weigand auf „die dichteste Überlieferung zu einer Denkmalerrichtung gestoßen, die ich jemals gesehen habe“. Für Historiker sei das wie bei einem Bären, der einen Honigtopf findet.

Buch. Eine vorläufige Skizze der von Dr. Weigand erforschten Entstehungsgeschichte des Löwendenkmals ist abgedruckt im Band „Der kühnste Feldzug“ von Dr. Marcus Junkelmann, S. 92-104, Bauer-Verlag Schierling, ISBN 978-3-9813080-0-6, E-Mail: vertrieb@bauerwerbung.com.

Text und Fotos: Fritz Wallner