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Biogasanlage: Vorgesehener Standort liegt nun auf Eis

Kein Bürgerentscheid – Landwirte wollen Konsens für Standort einer Biogasanlage suchen

SCHIERLING, 17.04.2009. Der vorgesehene Standort für eine Biogasanlage liegt auf Eis. Der Marktgemeinderat setzt das Verfahren zur Schaffung von Baurecht für eine Biogasanlage aus. So lange, bis wieder ein Impuls von den Landwirten kommt. In einem Brief hatten die Landwirte Bürgermeister und Marktgemeinderat gebeten, kein Ratsbegehren einzuleiten. Sie wollten vielmehr einen Konsens bei diesem Thema finden. Das werde aber mit Sicherheit einiger Anstrengung und auch Zeit bedürfen. Gegenstand des Konsenses kann eigentlich nur ein neuer Standort sein. Dies sei auch möglich, sagte der Vertreter der Landwirts-IG, Robert Christl, unserer Zeitung. Erich Koch vom Bürgerforum Biogas überreichte vor der Sitzung 530 Unterschriften gegen den geplanten Standort an der Ausfahrt Schierling Süd der B 15 neu.

Zu Beginn der immer wieder durch Zwischenrufe gestörten Sitzung verlas Bürgermeister Kiendl vor dem Gremium und dem mit rund 60 Zuhörern zum Bersten gefüllten Sitzungssaal eine vierseitige Stellungnahme. Das Thema Baurecht für eine mögliche Biogasanlage werde leider nicht mehr von allen Akteuren in der Öffentlichkeit mit der gebotenen Sachlichkeit diskutiert. Vermutungen, Verdächtigungen, das Schüren von Ängsten und persönliche Angriffe hätten scheinbar die Oberhand gewonnen. Ich habe mich zu all den Angriffen und zum Teil verletzenden Unterstellungen öffentlich nicht geäußert. Denn ich habe nicht vor, mich auf diese emotionale Ebene zu begeben. Ich werde das Thema weiterhin sachlich und auf der Grundlage des Rechts behandeln, betonte der Bürgermeister. Kiendl sprach von einem einmaligen Weg in Schierling, denn man habe weder etwas durchpeitschen noch sich von einem Betreiber oder Investor diktieren lassen wollen, wie, was oder wo etwas geplant werde. Jeder Schritt war öffentlich nachvollziehbar. Wir müssen uns also den Vorwurf nicht gefallen lassen, wir hätten den Bürger nicht ausreichend und rechtzeitig informiert.

Nur den Rahmen gegeben

Neben dem Brief der Landwirte hat Kiendl auch eine Stellungnahme des Bürgerforums erhalten. Leider wird von dieser Seite bis zur letzten Minute versucht, unser Verfahren in ein schlechtes Licht zu rücken, klagte der Bürgermeister. Die Gutachten würden von vornherein angezweifelt. Ich stelle mir schon die Frage, ob es zulässig ist, dass man uns Trickserei vorwirft?, machte sich Kiendl Luft. Dafür gibt es keinen Grund. Ich lasse mir so etwas nicht bieten.“ Er sei immer den geraden Weg gegangen und werde dies auch in Zukunft tun. Wenn andere meinen, sie müssten ­ wider besseres Wissen ­ mit unangemessenen Begriffen wie ’Monsteranlage’ Ängste schüren, dann ist das deren Angelegenheit, sagte Kiendl. Er machte deutlich, dass der Marktgemeinderat als Vertreter der Bürgerschaft kein Lobbyist sei,­ weder für die eine noch für die andere Seite. Wir von der Politik haben in den letzten Monaten akribisch versucht, allen Interessen gerecht zu werden. Wir haben öffentliche und private Belange in Betracht gezogen. Und doch haben wir dem Verfahren nur den Rahmen gegeben. Kiendl betonte zum wiederholten Mal, dass die Landwirte mit ihrem Anliegen auf die Gemeinde zugekommen seien. Politisch seien dann nach einer Klausurtagung die entscheidenden Vorgaben gemacht worden: Wenn überhaupt, sollte es eine kleine Anlage sein, die nur mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben würde und an die nur Schierlinger Landwirte liefern dürften. Wir haben uns wirklich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und wollten vor einem förmlichen Bauleitplanverfahren erst alle Bedingungen klären. Das ist das Maximum, was derzeit an Objektivität denkbar ist. Zum angedachten Ratsbegehren sagte Kiendl, dass es bei einem solchen Thema angemessen sei, einen Bürgerentscheid abzuhalten, weil es fast ausschließlich emotional gesehen werde. Dass jetzt Befürworter und Gegner einer solchen Anlage gegen den Bürgerentscheid sind, ist eine erstaunliche Erfahrung. Doch für die Zukunft vielleicht auch eine gute, resümierte das Gemeindeoberhaupt.

Unterschriften übergeben

Vor der Sitzung hat Erich Koch dem Bürgermeister im Auftrag des Bürgerforums Biogas 530 Unterschriften gegen den Standort einer Biogasanlage Schierling Süd überreicht. Dabei wurde der Marktgemeinderat gebeten, den Standort abzulehnen und erster Klasse“ zu begraben. Koch betonte, dass sich die Unterschriften nur gegen den Standort, nicht aber gegen eine Biogas-Anlage an sich oder gar gegen die Landwirte richteten. In einer an Bürgermeister und Marktgemeinderat gerichteten Stellungnahme heißt es, dass man sich bei der Tagesordnung für die Sitzung am Dienstag des Eindruckes nicht erwehren könne, dass in einem Hau-Ruck-Verfahren eine Standortentscheidung getroffen und die Einleitung eines Bürgerentscheides für den Tag der Europawahlen durchgepeitscht werden soll. Das Bürgerforum kritisiert, dass es zwischen der Vorstellung des Gutachtens und einer Entscheidung nicht genügend Zeit für einen Meinungsbildungsprozess gebe. Auch SPD-Sprecher Armin Buchner brachte dies vor, musste sich aber vom geschäftsführenden Beamten Fritz Wallner belehren lassen, dass man mit einer Beschlussfassung vorerst nur entscheide, ob der Marktrat zu dem Thema einen Bürgerentscheid abhalten wolle. Einzelheiten und Modalitäten wären später geklärt worden. Eine längere Diskussion erstickte zweiter Bürgermeister Werner Braun im Keim, indem er zur Einhaltung der Geschäftsordnung aufrief. Buchner hätte dies nicht unter Verschiedenes sondern bei dem dafür vorgesehenen Tagesordnungspunkt Beschlussfassung über die Einleitung eines Bürgerentscheids zur Schaffung von Baurecht für eine Biogasanlage einbringen müssen.

Aufgeregte Diskussionen

Nach dem Ende des öffentlichen Teils war die Stimmung bei einigen Zuhörern aufgeputscht. Vor dem Rathaus entwickelten sich aufgeregte Diskussionen. Ein Besucher der Sitzung brachte es dann auf den Punkt: Es geht nicht um die Biogasanlage. Das Problem sei, dass den Anwohnern im Süden Schierlings in letzter Zeit ganz einfach zuviel zugemutet worden sei. Die autobahnähnliche B 15 neu, die Südumgehung, jetzt Biogasanlage und eventuell ein neues Gewerbegebiet. Das habe das Fass zum Überlaufen gebracht.

Gutachten vorgestellt

Keinen leichten Stand hatten in der Sitzung des Marktgemeinderates am Dienstag die Gutachter, deren Ergebnisse vom Publikum zum Teil mit Pfiffen und Gelächter kommentiert wurden. Bürgermeister Christian Kiendl rief die Bürger mehrmals zur Ordnung. Der vorgesehene Standort sei im Hinblick auf schützenswerte Grundwasservorkommen als sehr gut einzustufen. Dies ist das Ergebnis einer hydrogeologischen Bewertung. Als der Sachverständige Dr. Raum diesen Schlusssatz sagte, erntete er von Seiten der Zuhörer Gelächter. Bei einem Unfall einer Biogasanlage bestehe selbst im schlimmsten Fall, dem Bersten eines Gärbehälters, aufgrund der Grundwasserfließrichtung für die zur Trinkwasserversorgung genutzten Brunnen der Wasserversorgung Schierling keine Gefahr. Auch eine Beeinflussung der Brunnen eines Getränkeherstellers könne mit mit größter Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, gab der Experte auf die Nachfrage von Dr. Josef Kindler an. Unter anderem bilde der Allersdorfer Bach eine Barriere, die Schadstoffe fließen über den Bach ab und gelangen nicht in das nutzbare Grundwasser. In rund 80 Stunden im Jahr ist im Bereich der Ludwig-Thoma-Straße mit Geruch zu rechnen, sagte Dirk Herzig vom TÜV Nord Hannover. Damit sei man aber nach seinen Berechnungen „weit, weit weg von den gesetzlichen Immissionsrichtlinien. Seine Erklärung: der große Abstand. Rund ein Kilometer zwischen einer Biogasanlage und Wohnbebauung sei eher die Ausnahme, sagte er. Da brauche man eigentlich nicht viel befürchten. Daraufhin wurde von Dr. Johann Strasser und Renate Kuntze kritisiert, dass die meteorologischen Daten, die dem Gutachten zu Grunde liegen,­ es ging um die Windrichtung,­ nicht aus Schierling stammten, sondern aus Straubing. Dem entgegnete der Experte, dass dies vom Deutschen Wetterdienst nach wissenschaftlichen Richtlinien so empfohlen worden sei. Siegfried Joost, ebenfalls vom TÜV Nord, berichtete, dass die zu erwartenden Geräusche auf der Anlage keine Mehrbelastung für die Anwohner mit sich bringen werde. Die berechneten Werte lägen deutlich unter den gesetzlichen Vorgaben. Markträtin Renate Kuntze bemängelte, dass hier die An- und Abfuhr nicht ausreichend beleuchtet worden sei. Wieder wurde hier das Publikum laut.

Ohne eine Optimierung des Grünstreifens wäre die Anlage nicht akzeptabel, sagte Landschaftsarchitekt Günter Spörl. Die Anlage wäre von rund einem Drittel des Gemeindegebiets von Schierling sichtbar. Mit einigen Maßnahmen könne man dies jedoch kompensieren, so dass es keinen Grund gäbe, Baurecht deswegen zu verwehren. Spörl wies noch auf die doch große Versiegelung von Fläche (rund 1,5 Hektar) hin. Außerdem sagte er, dass ein Standort weiter östlich aufgrund der Erhöhungen und freien Flächen keinesfalls besser geeignet sei.

Sebastian Brückl, in „Allgemeine Laberzeitung” vom 16.4.2009