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Alternativer Standort für mögliche Biogasanlage wird geprüft

SCHIERLING, 13.02.2009. Der Markt Schierling prüft einen alternativen Standort für eine mögliche Biogasanlage. Dieser liegt an der südlichen Auffahrt zur B 15 neu und ist mehr als 1,1 Kilometer von der nächsten Wohnbebauung entfernt. Das hat der Marktgemeinderat einstimmig beschlossen. Bürgermeister Christian Kiendl kritisierte bei der Sitzung deutlich diejenigen, die mit anonymen Briefen versuchen die Landwirtschaft zu entzweien und bei den Bürgern Ängste zu schüren.

„Mir ist wichtig transparente Entscheidungen zu treffen. Ich stehe für einen offenen Dialog!“, stellte Kiendl mehrfach bei seiner Einführung in das Thema fest. Auch angesichts der rund 35 Zuhörer versicherte er zum wiederholten Male, dass keine Beeinträchtigungen von Bürgern und Betrieben durch eine Biogasanlage zugelassen würden. Er machte aber auch deutlich, dass der Abstand zum möglichen Biogasanlagenstandort von über 1,1 Kilometer zum Ort weit das übersteigt, was rechtlich gefordert ist.

Diplomingenieur Robert Wagner vom Straubinger Rohstoff-Kompetenz-Verein CARMEN erläuterte besonders für die Zuhörer noch einmal die Wirkungsweise einer Biogasanlage. Sie sei „grundsätzlich nichts Neues“ und bestehe darin, Energiepflanzen zu vergären. „Wir fangen in den Pflanzen die Energie der Sonne ein und stellen diese Energie nach der Vergärung der Pflanzen der Volkswirtschaft zur Verfügung“, so Wagner. Derzeit gebe es in Deutschland etwa 4000 solcher Anlagen. Im Zentrum solcher Anlagen stehen geschlossene „Fermenter“ aus Stahl oder Stahlbeton sowie Fahrsilos, wo die Rohstoffe gelagert werden. Der übrig bleibende Gärrest sei ein sehr hochwertiger Dünger mit wichtigen Mineralien und Nährstoffen für die Pflanzen. Wagner machte auch deutlich, dass Biogasanlagen sauber und geruchsfrei betrieben werden können. Es sei nicht entscheidend, ob es sich um eine kleine oder große Anlage handelt. Die in Schierling geplante Entfernung von über 1,1 Kilometer zum Ort nannte Wagner „sehr weit“, denn normalerweise sei der Abstand geringer. Bürgermeister Kiendl stellte eine weitere Besichtigungsfahrt zu einer Biogasanlage in Aussicht, weil noch immer zu viel Unkenntnis in der Bevölkerung vorhanden sei. Weiterhin gelte nach Kiendl, dass vor einer Entscheidung des Marktgemeinderates über die Schaffung von Baurecht positive Gutachten zum Geruch, Lärm, Verkehr, Wasserhaushalt sowie zur Landschaftsästhetik positiv vorliegen müssen.

Skizze des möglichen alternativen Standorts Detailausschnitt der Skizze
Der Markt Schierling prüft einen alternativen Standort für eine mögliche Biogasanlage

Wortlaut

Bürgermeister Christian Kiendl erklärte vor dem Marktgemeinderat folgendes:

Bei der Auswahl von möglichen Standorten für eine Biogasanlage auf dem Gebiet des Marktes Schierling ging man u. a. davon aus, dass

  1. die Entfernung zur Wohnbebauung mindestens 500 Meter betragen muss,
  2. eine gute Straßenanbindung für die An- und Abfuhr vorhanden sein muss und
  3. die Erdgasleitung in der Nähe des Standorts verlaufen soll.

Der vom Marktgemeinderat in der Sitzung am 25. November 2008 in Aussicht genommene Standort erfüllt nach dem ersten Anschein alle diese Kriterien. Der Abstand zu den nächsten Wohngebieten beträgt rund 1.000 Meter und zum Gewerbegebiet rund 500 Meter. Schon damals war ein alternativer Standort in der Nähe des Munitionsdepots ins Auge gefasst worden. Diese Überlegung wurde aber vor allem im Hinblick auf b) und c) fallengelassen.

Inzwischen haben zwei Versammlungen der Landwirte stattgefunden. Sie haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen.

Bei der zweiten Versammlung stellten sich auch zwei der interessierten Investoren/Betreiber vor. Auf die Frage eines Landwirts nach den Investitionskosten erklärte einer der Firmenvertreter, dass nicht die Investitionskosten, sondern der reibungslose, technisch einwandfreie und wirtschaftliche Betrieb der Anlage während der Laufzeit der Anlage das Entscheidende sei.

Dies veranlasste den Markt – gemeinsam mit den Vertretern der Interessengemeinschaft der Landwirte – den Standort zu überdenken. Denn damit spielten die Erfordernisse unter b) und c) nur noch eine untergeordnete Rolle.

Es wurde auf die Überlegungen zurückgegriffen, die in Zusammenhang mit dem Munitionsdepot bereits angestellt worden waren. Diese Überlegungen wurden auch dadurch wieder aktuell, dass aus dem Gewerbegebiet „An der Fruehaufstraße“ Kritik am bisherigen möglichen - knapp 500 Meter entfernten - Standort geäußert worden ist. Es wurde zwar in erster Linie auf der emotionalen und nicht auf der sachlichen Ebene argumentiert. Doch waren sich Markt und Interessengemeinschaft einig, dass ein irgendwie gearteter befürchteter Imageschaden für die Betriebe im Gewerbegebiet nicht entstehen dürfe.

Die gemeinsamen Beratungen haben ergeben, dass ein Standort an der südlichen Ausfahrt der B 15 neu - und zwar südwestlich der neuen Straße, auf der dem Ort abgewandten Seite und damit geschützt durch den Lärmschutzwall - möglich wäre. Die Nähe der Verkehrsanbindung wäre gegeben. Für die An- und Abfuhr ergäbe sich eine Verlängerung der Strecke um jeweils rund zwei Kilometer. Auch die Gasleitung müsste rund zwei Kilometer Richtung Munitionsdepot neu verlegt werden, was vom Betreiber übernommen werden müsste und wiederum einen Standortvorteil für die künftige Vermarktung der MUNA mit sich bringen würde. Ganz wichtig war, dass auch von diesem Standort aus zur Wohnbebauung ein Abstand von über einem Kilometer eingehalten werden kann. Durch den vorhandenen Wald, eine zusätzlich zu fordernde Eingrünung an der Nordseite und durch die Forderung des Marktes nach einer niedrigen Bauweise der Anlagen wird eine Biogasanlage an dieser Stelle auch das Landschaftsbild nicht stören.

Die Fraktionssprecher und die jeweiligen Fraktionsmitglieder wurden von der neuen Entwicklung unmittelbar in Kenntnis gesetzt. Von allen Fraktionen gab es Zustimmung.

Auch die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt Regensburg hat diesen Standort bereits besichtigt. Nach den ersten Erkenntnissen gibt es an dieser Stelle keine besonders geschützten Landschaftsbestandteile. Die Fernwirkung der Anlage kann durch die oben dargestellten Forderungen entscheidend positiv beeinflusst werden.

Die Angebote zur Begutachtung eines möglichen Standorts liegen weitgehend vor. Es wurde noch kein Auftrag erteilt, so dass sehr rasch auf eine neue Situation umgestellt werden kann.

Im Rahmen der Diskussion der letzten Wochen hat sich heraus gestellt, dass immer noch sehr wenig Menschen die Wirkungsweise einer solchen Anlage kennen. Kaum jemand hat jemals eine solche Anlage gesehen. Und trotzdem werden weitreichende Behauptungen und Vermutungen angestellt, die bei anderen Menschen zu Befürchtungen führen. Die größte Angst herrscht wohl vor einer möglichen Geruchsbelästigung aus der Anlage.

Es wird deshalb ins Auge gefasst eine dritte Besichtigungsfahrt anzubieten. Damit könnte allen interessierten Bürgern erneut die Chance gegeben werden sich selbst und unmittelbar einen Eindruck zu verschaffen.

Dieser Beschlussvorlage liegt eine Grafik mit dem neuen möglichen Standort bei.

Die gutachtliche Beurteilung soll nur noch für diesen Standort erfolgen.“

PDFGrafik des neuen möglichen Standorts als PDF-Datei zum Ausdrucken
PDFDetailausschnitt der Grafik als PDF-Datei zum Ausdrucken

Anonymer Brief

Vor der Sitzung war ein anonymer Brief bekannt geworden, der sich besonders unsachlich mit einer möglichen Biogasanlage beschäftigt und in dem ein Aufruf zur Demonstration am Samstagnachmittag enthalten ist. Außerdem lag eine Liste mit Namen von Landwirten aus allen Gemeindeteilen bei. Bürgermeister Christian Kiendl fand dazu in der Sitzung sehr deutliche Worte der Kritik. Es sei ein gefährliches Spiel, das der oder die Verfasser betreiben würden, so Kiendl. Landwirte würden auf eine „Anklagebank“ gesetzt. Zum Protest werde aufgerufen und Kinder sollten mitgebracht werden, hieß es in dem Brief, denn es gehe um die Zukunft der Kinder. „Ja, es geht um die Zukunft unserer Kinder!“, sagte Kiendl. Es gehe bei Prüfung der Frage, ob in Schierling eine Biogasanlage zugelassen wird, vor allem auch darum, ob Schierling einen Beitrag dazu leistet, in Zukunft ohne Kernenergie auszukommen und unabhängig zu werden von Energielieferungen aus Russland und dem arabischen Raum. „Es geht darum, dass auch wir in Schierling umweltfreundliche Technologien bei der Energiegewinnung akzeptieren, denn das ist ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung unserer schönen Landschaft und Natur“, so der Bürgermeister. Schließlich gelte es, auch schon bei den Kindern das Bewusstsein zu schärfen, dass jede Generation eine besondere Verantwortung zu tragen hat. Kiendl forderte den oder die anonymen Schreiber auf, die Feigheit zu überwinden und den offenen Dialog zu suchen. „Ich biete weiterhin ganz konkret an: Wer Fragen oder Sorgen hat, kann jederzeit zu mir ins Rathaus kommen“. Und die Bürgerschaft bat er, sich nicht verunsichern zu lassen und großes Vertrauen in das Handeln des Marktgemeinderates und der Verwaltung zu legen. Kiendl bekam für seine klaren Worte Applaus aus dem Gremium.

Text: Fritz Wallner