Vorsitzender Fritz Wallner legte dar, dass von den derzeit gut 37,7 Millionen Haushalten in Deutschland nur
etwa 9,3 Millionen Familien mit Kindern unter 18 Jahren sind. Bei gut 26 Millionen Haushalten handelt es sich
um solche mit einer oder zwei Personen. "Nur 181000 Haushalte haben vier Kinder unter 18 Jahren!",
so Wallner.
Familien verfügen über weniger Einkommen
Er legte Zahlen vor, dass gerade die Haushalte mit Kindern deutlich weniger verfügbares Einkommen pro Kopf
haben als Alleinstehende oder Zweipersonenhaushalte. So errechnete er, dass eine Familie mit drei Kindern -
wenn ein Elternteil sich der Kindererziehung widmet - bei einem Bruttoverdienst von monatlich 4500 Mark und
unter Einbeziehung des Erziehungs- und Kindergeldes pro Person 575 Mark im Monat zur Verfügung hat für
Verpflegung, Kleidung, Investitionen, Urlaub und für das Sparen. "Bei einem Ehepaar ohne Kinder sind
das pro Person 1748 Mark, wenn der Partner 2800 Mark brutto im Monat dazu verdient", so Wallner. Er
kritisierte vor diesem Hintergrund, "dass schon zwanzig oder fünfzig Mark mehr Kindergeld im Monat als
große Erfolge dargestellt werden". Doch sei das nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
"Zukunftsinvestition Kinder"
Fritz Wallner legte außerdem den sich in der Zukunft rasant entwickelnden Geburtenrückgang dar und
forderte daraus, dass die Politiker die Leistungen für die "Zukunftsinvestition Kinder" endlich
spürbar anheben und damit die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts erfüllen. Er hielt die Vorschläge
für ein Familiengeld von monatlich 1000 oder 1200 Mark je Kind für angemessen, "auch wenn selbst damit
noch nicht gleiche Lebensbedingungen für Familien mit und ohne Kinder hergestellt sind!", so Wallner.
Wallner war allerdings skeptisch, ob die Politiker wirklich eine solche Entscheidung treffen werden. Er
forderte deshalb die Einführung des Wahlrechts für alle Menschen schon ab der Geburt. Das Wahlrecht
tatsächlich ausüben sollten bis zur eigenen Wahlberechtigung die Eltern für die Kinder. "Wir treffen
jeden Tag für unsere Kinder vom Tag ihrer Geburt an wichtige Entscheidungen in der Erziehung, beim
Schulbesuch, bei Krankheit, wenn sie etwas ausgefressen haben oder in vielen anderen Dingen. Warum sollten
die Eltern nicht auch die Wahlrechtsentscheidung für ihre Kinder treffen?", fragte der Vorsitzende.
"Nur wenn die Familien die etwa 15 Millionen Stimmen der Kinder in die Waagschale werfen können,
werden die sie mit ihren Anliegen wirklich ernst genommen", war sich Wallner sicher. Mögliche
verfassungsrechtliche Bedenken räumte er aus mit dem Hinweis, dass vor dem Grundgesetz alle Menschen die
gleiche Würde haben. Um ein Signal für den Staat zu setzen empfahl er einen Antrag an den Diözesanrat der
Katholiken, bei der bevorstehenden Neufassung der Wahlordnung für die Pfarrgemeinderatswahl dieses
"Wahlrecht von Anfang an" zu verankern, wie es schon in den Diözesen Fulda und Wien praktiziert
wird.
Betroffene berichten
Die meisten der 33 anwesenden Mitglieder des Pfarrgemeinderates und der Sachausschüsse waren zwar
überrascht von einem solchen Vorschlag, fanden ihn aber sehr wirkungsvoll und für die Zukunft der Familien
besonders wichtig. Inge Blümel - selbst Mutter von vier Kindern - berichtete von ihren täglichen
Erfahrungen und Herausforderungen mit einer großen Familie. Schwester Rosina verwies als Leiterin des
Kindergartens auf jüngste wissenschaftliche Untersuchungen, dass gerade die liebevolle Betreuung der Kinder
in den ersten Jahren auch Auswirkungen auf die Intelligenz verbunden sind. Hans Eifler setzte sich für
dieses Wahlrecht ein und konnte es kaum glauben, dass es in Deutschland wirklich so wenig Haushalte mit
Kindern gibt. Es wurde ausgeführt, dass es das Argument, das Familiengeld sei für den Staat nicht leistbar,
nicht stechen könne, weil die "Zukunftsinvestition Kinder" mindestens so wichtig sei wie die
Fortentwicklung der Technik, die Forschung und der Strukturausgleich für Berufsgruppen. Mit 29:4 Stimmen
wurde Fritz Wallner beauftragt, den Antrag an den Diözesenrat zu stellen, das Wahlrechts von Anfang an in
die Wahlordnung für Pfarrgemeinderäte in der Diözese Regensburg zu stellen. Die Entscheidung darüber fällt
nach Wallner bei der nächsten Vollversammlung des Diözesanrates am 17. März in Spindlhof.
Renommierte Mitstreiter
Zu den Befürwortern des sogenannten Familienwahlrechts gehören mit Paul Kirchhoff und Roman Herzog - dem
ehemaligen Bundespräsidenten - die wohl namhaftesten Verfassungsrichter. Es haben sich positiv geäußert die
ehemalige SPD-Landesvorsitzende Renate Schmidt, CDU-MdB Herbert Werner von der Kinderkommission, die
Hamburger Justizsenatorin Dr. Lore-Marie Peschel-Gutzeit, Caritas-Präsident Hellmut Puschmann sowie die
Professoren Dr. Martin Kriele aus Köln und Konrad Löw aus Bayreuth. Für den kirchlichen Sektor sieht Prof.
Helmuth Pree von der Universität Passau keinerlei kirchenrechtliche Bedenken und nicht zuletzt haben die
Deutschen Bischöfe in ihrem Wort zum Familiensonntag am 17. Januar 1999 dazu aufgefordert, das
Familienwahlrecht bei den Pfarrgemeinderatswahlen einzuführen.
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