Der Pfarrer einer "normalen" katholischen Pfarrgemeinde kann nicht die ganze Welt verändern,
und doch äußerst beachtlich in die Welt hineinwirken. Er Beispiel für das Kümmern um die Seelen seiner
"Schäfchen" und gleichzeitig den Blick über den eigenen Kirchturm hinaus zu wagen und auf die Not
in Welt zu reagieren, das gibt seit 20 Jahren Pfarrer Hans Bock. Er wurde deshalb mit dem
Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Die Auszeichnung überreichte Frau Staatssekretärin Marianne
Deml im großen Festsaal der Regierung der Oberpfalz.
"Wohl" war Pfarrer Bock nicht, als er von der Auszeichnung erfuhr. "Ich kann doch als
Pfarrer gar nichts machen, wenn mich nicht viele Leute unterstützen würden", so sein Zweifel, ob ihm
eine solche Ehre gebührt. Aber er hat ein so gutes Verhältnis zu seiner Pfarrei und zur gesamten
Bevölkerung, dass es kaum jemanden geben wird, der etwas gegen diese Auszeichnung hätte.
Pfarrer Hans Bock ist ein Priester, der einerseits selbst enorm zupackt und andererseits vieles zuläßt,
was "sein" Pfarrgemeinderat, die Kirchenverwaltung, die katholischen Verbände, der Kirchenchor,
die Kindergärten und alle weiteren Gruppen initiieren und sich engagieren. Er sieht dabei nicht die
"Action" im Vordergrund, sondern das Wohlergehen des einzelnen Menschen.
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Der aus Kallmünz im Landkreis Regensburg stammende Seelsorger ist seit 1.
September 1979 Pfarrer von Schierling. Keine einfache Aufgabe, diese Flächenpfarrei mit vielen Filialen, 7
Gotteshäusern und insgesamt etwa 4500 Katholiken. Er ist kraft Amtes Vorstand von 5 Kirchenverwaltungen,
arbeitet mit dem Pfarrgemeinderat sehr partnerschaftlich zusammen und weil er 17 Jahre lang ohne Kaplan und
ohne eine weitere hauptamtliche Seelsorgskraft war, wußte er von Anfang an, die Laien in die Arbeit
einzubeziehen. Seine besondere Vorliebe gehört der unmittelbaren Seelsorge. Er ist "Chef" von über
15 Mitarbeiterinnen in zwei Kindergärtgen und sein Verhältnis und sein permanenter Kontakt zu den Kindern und
den Eltern ist beispielhaft. Einen besonderen Schwerpunkt legt der Pfarrer auf die alten und kranken
Menschen. Er besucht regelmäßig wöchentlich die Kranken im Krankenhaus Mallersdorf. Nicht selten stattet er
Kranken einen Besuch ab, auch wenn sie in einem Krankenhaus in Regensburg oder München liegen müssen. Viele
alte Menschen setzen ihre Hoffnung in Pfarrer Bock, der es nicht versäumt, allen alten und kranken Menschen,
die ihre Wohnung nicht mehr verlassen können, schon einmal aus dem Urlaub einen Kartengruß zu senden. Es
handelt sich dabei um 40 oder 50 Karten, die der Pfarrer schreibt.
Es war für Pfarrer Bock von Anfang an keine Frage, daß die vor einigen Jahren aufkommenden
Eltern-Kind-Gruppen ihr Zuhause im Pfarrheim finden. Auch als eine Hebamme einen Raum für
Schwangerschaftsgymnastik suchte, stellte er sofort das Pfarrheim zur Verfügung. Für ihn ist der Einsatz
für das Leben mehr, als nur theoretische Aktionen zu starten.
Pfarrer Bock empfand sich immer eingebunden in die Weltkirche und in die große Solidargemeinschaft der
Christen auf der ganzen Welt. Deshalb galt sein Blick nicht nur dem eigenen Kirchturm (obwohl er sämtliche
sieben Kirchen renovieren und Kirchenmauern erbauen ließ), sondern er hatte immer ein offenes Ohr für die
Not der Menschen in der Welt.
Als es
Mitte der achtziger Jahre in Polen sehr schlecht ging, organisierte der Pfarrgemeinderat eine Hilfsaktion
und Pfarrer Bock begleitete zwei Hilfstransporte nach Oppeln. Es handelte sich dabei zur damaligen Zeit um
Fahrten ins Ungewisse durch die Überwindung des "Eisernen Vorhangs". Weil die Kommunisten
mißtrauisch waren, mußte an der Grenze die gesamte Ladung abgeladen und alles aufgemacht werden. Geduld war
erforderlich. Pfarrer Bock brachte sie auf, weil er wußte, daß die Hilfe dringend gebraucht wird. Als die
schlimme Lage in Rumänien bekannt wurde, startete die Pfarrei Schierling eine Hilfsaktion.
Im Jahre 1984 wurde eine Partnerschaft und Freundschaft eingegangen mit der damals jugoslawischen Pfarrei
Zagreb/Spansko. Der Pfarrgemeinderat hat mit Pfarrer Hans Bock die Initiative des ehemaligen
Ministerialrats Dr. Hans Merkt aufgegriffen, der im Rahmen der "Aktion Silbermöwe" Kontakte
zwischen europäischen Pfarreien schaffen wollte. Der Kontakt Schierling-Spansko blieb der einzige in der
gesamten Diözese mit dem ehemaligen Jugoslawien. Als der Kommunismus sich beugen mußte und nur noch in
Jugoslawien sich mit dem Krieg gegen die sich loslösenden Republiken aufbäumte, setzte von der Pfarrei
Schierling eine Hilfsaktion ein mit einem unvorhersehbaren Ausmaß.
Im August 1991 begann der Krieg gegen Kroatien. Die Partnerschaft bekam eine ganz neue Qualität. "Wir
dürfen nicht nur von Freundschaft reden, sondern jetzt muss sie sich konkret beweisen!", war eine
Devise des Pfarrers. Schon am ersten Oktoberwochenende des Jahres 1991 wurden von Schierling aus mit drei
Kombis etwa 800 Wolldecken und Garnituren Bettwäsche nach Spansko gebracht. In der Partnerpfarrei hatten
sich bereits 400 Flüchtlinge angesiedelt. Diese Zahl stieg sehr schnell auf etwa 2500. Über drei Jahre
hinweg wurden diese Flüchtlinge mit dem nötigsten versorgt. Pfarrer Hans Bock wurde nicht müde, im gesamten
Raum Regensburg bei Versammlungen auf die schlimme Situation aufmerksam zu machen. In der Zwischenzeit sind
25 große Hilfstransporte - zum Teil im Konvoi von bis zu 11 Fahrzeugen - gestartet. Das Volumen umfaßt etwa
800 Tonnen Hilfsgüter. Von der Bevölkerung kamen etwa 750.000 DM Spenden. Pfarrer Hans Bock begleitete alle
Hilfstransporte selbst. Ihm war dabei neben der Hilfe mit Lebensmitteln, Medikamenten, Kleidung usw. vor
allem auch das Zeugnis wichtig, daß die bedrängten und geschundenen Menschen nicht allein sind, daß jemand
in einem wohlhabenden Land solidarisch ist mit ihnen. Pfarrer Bock verstand die gesamte Aktion niemals als
das Geben von Almosen, sondern als Teilen mit denen, die nichts mehr haben. Im Laufe der Zeit wurde die
Aktion ausgedehnt auf das Gebiet Slavonien und die Kraijna, die nach vierjähriger Besetzung erst im August
1995 befreit werden konnte. Viele Menschen in Kroatien verbinden ihr Überleben mit dem Namen von Pfarrer
Hans Bock.
An der Hilfsaktion waren sehr viele freiwillige Helfer beteiligt. Etwa 25 Firmen und Organisationen haben
Fahrzeuge kostenlos zur Verfügung gestellt. Rund 50 Chauffeure haben sich unentgeltlich in den Dienst der
guten Sache gestellt. In Schierling und Umgebung wurde durch die Hilfsaktion das Bewußtsein für die
gegenseitige Verantwortung wesentlich geschärft. (Fritz Wallner)
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