„Tabu-Thema“ Depression

Auch bei Kindern und Jugendlichen oft ohne Medikamente behandelbar

SCHIERLING, 27.10.2018. Depression ist die häufigste psychische Erkrankung, die auch bei Kindern und Jugendlichen vorkommen kann. Diplom-Psychologin Tanja Schmidt von der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Regensburg, die im Bezirksklinikum angesiedelt ist, informierte im Rahmen von „Gesunder Markt Schierling“ über Häufigkeit, Symptome, Diagnose, Ursachen, Behandlung und Angebote für Kinder und Eltern bei auftretender Depression. Wichtig sei der Kontakt zum Facharzt, denn es handle sich um eine der am besten behandelbaren psychischen Erkrankungen, und zwar auch ohne Medikamente.

Die Vortragende Dipl.-Psych. Tanja Schmidt mit dem Team des Familienstützpunkts
Im Rahmen der Aktion „Gesunder Markt Schierling referierte bei einer Veranstaltung des Familienstützpunktes die Diplom-Psychologin Tanja Schmidt (zweite von rechts) über Depression bei Kindern und Jugendlichen; auf dem Foto auch von links Annette Straßer, Fini Schade und Büchereileiterin Christa Blümel.

Der Familienstützpunkt Schierling war Veranstalter und dessen Leiterin, Diplom-Sozialpädagogin Annette Straßer, begrüßte die Gäste, darunter auch Fini Schade vom Gesundheitsamt, die für die Vorbereitungen gesorgt hatte. Straßer dankte der Marktbücherei und der AOK Regensburg für die Unterstützung.

Risiko steigt mit dem Alter

Die Vortragende Dipl.-Psych. Tanja Schmidt
Diplom-Psychologin Tanja Schmidt

Die erfahrene Psychologin Tanja Schmidt arbeitet bereits seit zehn Jahren in der Psychiatrie, und davon fünf Jahre in der Ambulanz. Depression sei nach wie vor leider ein Tabu-Thema in der Gesellschaft, bedauerte sie. Umso wichtiger sei es, die Scheu abzuleben, sich aufklären zu lassen und die Behandlung anzunehmen. 15 bis 25 Prozent der Bevölkerung seien vom Risiko der Depression betroffen. Während die Wahrscheinlichkeit bei kleinen Kindern zwischen ein und acht Prozent liege, steige sie im Jugendalter auf bis zu 10 und bei jungen Erwachsenen auf 15 bis 17 Prozent. Tanja Schmidt zeigte beispielhaft Symptome auf, bei denen man im Kleinkindalter an Depression denken müsse. Sie nannte erhöhte Irritierbarkeit, Schlafstörungen und selbststimulierendes Verhalten ebenso wie Spielunlust. „Wenn das Kind keine Freude am Entdecken mehr hat, sollte man hellhörig werden“, so Schmidt. Generell gelte für die Depression, dass Menschen oft eine große innere Not und Unzufriedenheit verspüren, die sie nicht äußern können. Bei Kindern im Vorschulalter käme es dabei schon auch zu aggressivem Verhalten, Wutausbrüchen, Gereiztheit und motorischer Unruhe. Bei Schulkindern spielen oft ein verminderter Antrieb, Leistungsunfähigkeit, keine Lust mehr auf die Schule zu haben oder sich zuhause einzuigeln, eine Rolle. Tanja Schmidt riet, sich an eine Fachstelle zu wenden „bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Es gebe Richtlinien für die Diagnose, so dass sie nach gleichen Standards erfolge. Es gelte aber immer, genau hinzuschauen, denn oft sei die Unterscheidung zu anderen Krankheiten, auch somatischen Erkrankungen, nicht leicht.

Ursachen bei Körper und Seele

Bei der Suche nach den Ursachen werde meist sehr schnell klar, dass Seele und Körper ineinander greifen. Die Ursachen lägen meist in Verwundungen, Verletzungen, also insgesamt negativen Lebenserfahrungen in der Kindheit. Auslöser für die Depression können dann bei Kindern akute Belastungen und Stress, wie durch einen Todesfall oder beim Schuleintritt sein. Es ergebe sich dann eine depressive Symptomatik im Erleben und Verhalten.

In der Klinik kümmert sich nach Tanja Schmidt immer ein Team um die Kinder und Jugendlichen. Und die Beratung erfolge für Familien, denn dem Kind sei die Botschaft zu vermitteln, dass es eingebettet ist in das familiäre System. „Leider brechen Familien oft nach der Diagnostik ab und gehen nicht in die Behandlung!“, bedauerte die Psychologin.

Regionale Anbieter helfen

Dabei gebe es keinen Grund zur Angst, denn nicht immer würden gleich Medikamente verschrieben. Verschiedene regionale Anbieter leisten sehr gute Arbeit und würden wunderbare Erfolge erzielen. „Man muss sich nur trauen!“, so ihre Aufforderung. Es handle sich neben der Verordnung von Medikamenten um Psychotherapie, Gruppentherapie, Entspannungsverfahren, Kunsttherapie, soziales Kompetenztraining, tiergestützte Therapie, Familientherapie und aufsuchende pädagogische Unterstützung. Als Anlaufstellen kämen neben der Klinik Erziehungsberatungsstellen, niedergelassene Psychotherapeuten, Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter, die Jugendämter, sowie Kinderärzte und Hausärzte in Frage.

Hotline für Jugendliche

Als Hotlines für Jugendliche stellte sie die Website kopfhoch.de und die Telefonhotline unter 116111 vor.

Annette Straßer dankte mit einem Präsent für die aufschlussreichen und ermutigenden Ausführungen von Tanja Schmidt.

 
Text und Foto: Fritz Wallner