Beispielhafte Solidarität und Hilfsbereitschaft

Vor 50 Jahren wurde der Kindergarten St. Michael mit über 8.000 freiwilligen Arbeitsstunden weitgehend in Eigenleistung errichtet

SCHIERLING, 24.04.2018. Der Kindergarten St. Michael ist ein leuchtendes Beispiel für das konstruktive Zusammenwirken von politischer Gemeinde und katholischer Kirchenstiftung, aus dem ein beispielhaftes Bürgerengagement erwachsen ist. Nur 14 Monate verstrichen zwischen den ersten Planungen und der Einweihung am 4. Mai 1968, also genau vor 50 Jahren. Der Kindergarten galt damals als Vorzeigeprojekt in Niederbayern und in der Diözese Regensburg.

Foto des sanierten Kindergartens
Der Kindergarten St. Michael wurde vor 50 Jahren erbaut und erstrahlt seit der Generalsanierung in neuem Glanz

Wir schreiben das Jahr 1967. In Schierling bestand seit „einem runden Dutzend von Jahren“ ein Kindergarten gleich neben dem Rathaus. Doch der war „zum Bersten voll“ schreibt der Chronist. Fast täglich gingen weitere Anträge auf Neuaufnahme ein, die alle abgelehnt werden mussten. Die Gemeinde – damals mit Bürgermeister Ludwig Kattenbeck an der Spitze - hatte kein Geld für einen Neubau, denn Kanal-, Straßen- und Schulhausbau galten als vorrangig. Da sprang die katholische Pfarrkirchenstiftung mit ihrem damaligen Pfarrer Josef Scheuerer ein. Sie stellte ein 4.000 Quadratmeter großes Grundstück kostenlos zur Verfügung, übernahm die Trägerschaft und organisierte eine beispiellose Solidaritätsaktion.

Rohbau in Eigenleistung

Der Marktgemeinderat richtete einen eigenen Bauausschuss ein, dem Ludwig Häring vorstand. Architekt Norbert Hecht hatte mit der Planung die Grundlage gelegt. Der Rohbau wurde ganz in Eigenleistung erstellt. Erich Goschler hatte die Bauleitung und er sorgte zusammen mit Pfarrer Scheuerer in erster Linie dafür, dass zu jeder Zeit genügend freiwillige Arbeiter auf der Baustelle waren.

Historisches Bild der Baustelle mit freiwilligen Arbeitern
Erich Goschler und Pfarrer Scheuerer sorgten für genügend freiwillige Arbeiter

Noch kein Thema für den Staat

Die Kinderbetreuung hatte zu dieser Zeit noch nicht annähernd den hohen Stellenwert wie heute. Der Staat geizte mit Zuschüssen. Bei einer Abrechnungssumme von über 434.000 DM gab er nur 25.000 DM als Zuschuss. Auch die Betriebskosten mussten die Gemeinde und die Kirchenstiftung sowie die Eltern selbst schultern. Ganz anders als heute! Für das Jahr 2018 rechnet allein der Markt Schierling für die Kinderbetreuung in allen Einrichtungen – gemeindlichen und kirchlichen - der ganzen Gemeinde mit einem Aufwand von knapp 1,3 Millionen Euro. Da sind die Einnahmen aus staatlichen Zuschüssen und Elternbeiträgen bereits abgezogen.

243 freiwillige Helfer

Bei der Einweihungsfeier am 4. Mai 1968 informierte der damalige Pfarrer Josef Scheuerer, dass 243 freiwillige Helfer am Bau beteiligt waren. Darunter eine Frau mit allein 290 Stunden und ein Mann mit 260 unentgeltlichen Stunden.

Die Namen all der Helfer sind in der Chronik leider nicht verzeichnet, allerdings gibt es eine Liste mit den 86 Männern, die als Maurer, Zimmerer und Bauhilfsarbeiter solche Arbeiten leisteten, die der Unfallversicherung gemeldet werden mussten.

Historisches Luftbild der Baustelle
Die Baustelle aus der Luft - die meisten Arbeiten geschahen in Handarbeit

Drei große Sanierungen

Das Gebäude erlebte im Laufe der fünf Jahrzehnte ebenso einen Umbruch wie die Kinderbetreuung selbst. Drei große Sanierungen haben dafür gesorgt, dass der Kindergarten heute baulich und energetisch einen sehr hohen Standard aufweist. Im Jahre 1985 wurde das undichte Flachdach durch ein Satteldach ersetzt. Damit hatte das Gebäude seine äußere Gestalt grundlegend verändert. 1996 folgte eine Bodensanierung infolge von Senkungen der Bodenplatte und im Jahre 2010 erfolgte für gut 813.000 Euro die grundlegende Gesamterneuerung mit energetischer Sanierung.

Das Personal heute
Das heutige Personal des Kindergartens St. Michael

Beispielhafte Tat

„Doch ist Schierling nicht nur um einen neuen, modernen Kindergarten, sondern auch um eine beispielhafte Tat reicher geworden“, sagte Pfarrer Josef Scheuerer bei der damaligen Einweihungsfeier. Daran gilt es zu erinnern und das ist ebenso ein Grund zu feiern wie das heutige enorme Engagement in der Kinderbetreuung.

Historisches Bild von Arbeitern mit Schubkarren
Beton - von Hand gemischt und mit Schubkarren zum Einsatzort gebracht
Historisches Bild der der Arbeiter bei einer Pause
Wohlverdiente Zigarettenpause

 
Text und Fotos: Fritz Wallner