20 Jahre Gemeindepartnerschaft

Über 50 Gäste aus der Bretagne feierten das Jubiläum mit

SCHIERLING/EGGMÜHL, 01.01.2018. Die Gemeindepartnerschaft zwischen Schierling/Eggmühl und dem französischen Penmarc‘h besteht seit 20 Jahren. Bereits im Sommer waren viele Schierlinger aus diesem Anlass etwa 1500 Kilometer an die französische Atlantikküste gereist. Vor Weihnachten kamen über 50 französische Gäste, um sich ein Bild von Bayern und Schierling/Eggmühl zu machen. Der Partnerschaftsverein hatte ein umfangreiches Informationsprogramm zusammengestellt.

Gruppenfoto mit Übergabe des 'Schönen Bildes'
Jahre Gemeindepartnerschaft war ein Grund zum Feiern und zum Austausch von Erinnerungsgeschenken. Auf dem Foto von links Präsidentin Colienne van Innis, zweite Bürgermeisterin Maria Feigl, dritter Bürgermeister Anton Blabl, erster Bürgermeister Rynald Tanter, erster Bürgermeister Christian Kiendl, Penmarc’hs zweite Bürgermeisterin und Präsidentin Florine Le Pape vom bretonischen Partnerschaftsverein

Beim Festabend im Eggmühler Schützenhaus stellten die beiden Bürgermeister Christian Kiendl und Raynald Tanter die Mitverantwortung auch der kommunalen Ebene für den Frieden in einem auf Verständigung angelegten Europa besonders heraus. Zum Jubiläum gab es auf dem bretonischen Dudelsack einen bayerischen Landler zu hören und die Kunde vom Partnerschaftsgeburtstag wurde außerdem mit einem großen nächtlichen Feuerwerk über der Laberaue in fast die gesamte Gemeinde getragen.

Raynald Tanter und Adolf Wallner
Raynald Tanter (links) und Adolf Wallner (rechts) sind Männer der ersten Stunde und haben am guten Gelingen der Partnerschaft einen großen Anteil

Männer der ersten Stunde

Raynald Tanter und Adolf Wallner waren von Anfang an dabei als der ebenfalls beim Festabend anwesende ehemalige Bürgermeister Otto Gascher und sein inzwischen verstorbener Kollege Corentin Cadiou Cadiou die Partnerschaft offiziell besiegelten. Christian Kiendl knüpfte daran an und betonte, dass die starken Säulen der Gemeindepartnerschaft die Bürgerinnen und Bürgern aus der Bretange ebenso wie die aus Schierling/Eggmühl bilden würden. „Diese Säulen aber stehen auf einem ebenso starken Fundament, welches unser Kontinent Europa, unsere gemeinsame Kultur, unser gemeinsamer Glaube, unsere gemeinsame – oft schwierige – Geschichte bildet“, so der Bürgermeister weiter.

Benedikt, Patron Europas

Er lenkte den Blick auf den heiligen Benedikt von Nursia, der vor etwa 1500 Jahren durch sein Leben und Werk einen grundlegenden Einfluss auf die Entwicklung der europäischen Zivilisation und Kultur ausgeübt hat. Er sorgte dafür, dass die Ordensbrüder ortsgebunden und strukturiert nach der Regel «ora et labora» - bete und arbeite – leben und damit auch Ordnung in das öffentliche Leben brachten. Benedikt veränderte das Antlitz Europas auch, indem er nach dem Zerfall der politischen Einheit, die durch das Römische Reich geschaffen worden war, eine neue geistliche und kulturelle Einheit hervorbrachte, nämlich jene des christlichen Glaubens, den die Völker des Kontinents teilten. Papst Paul VI. habe ihn nicht zuletzt deshalb im Jahre 1964 zum Patron Europas erhoben. Kiendl erinnerte auch an Robert Schumann, der in den fünfziger Jahren mahnte, Europa solle sich nicht auf eine rein wirtschaftliche Struktur beschränken. Es müsse auch die Werte und die Größe der christlichen Zivilisation bewahren: die Würde des Menschen, die Freiheit und die Verantwortung der individuellen und kollektiven Initiativen, die Entfaltung der moralischen Kräfte der Völker.

Gäste im Schützenheim
Die Gäste - darunter über 50 aus der Bretangne - beim Empfang im Schützenheim
Die Bgm. Raynald Tanter und Christian Kiendl
Die beiden Bürgermeister der Partnergemeinden, Bgm. Raynald Tanter und Bgm. Christian Kiendl

Gastfreundschaft als hohes Gut

Der dauerhafte Friede sowie die dauerhafte Freude an diesem Frieden seien für Europa und die Gemeindepartnerschaft die Seele, so Kiendl. Er sei immer wieder begeistert, wie viele Menschen in Penmarc‘h und im Markt Schierling bereit sind, Gäste in ihren Häusern aufzunehmen. Denn gerade die Gastfreundschaft sei ein Merkmal der christlichen Gesinnung. „Ich bin ebenso beeindruckt, mit welchem Elan und mit welcher Kreativität die Verantwortlichen in den beiden Partnerschaftsvereinen von Anfang an – und seitdem Jahr für Jahr – für den wichtigen Austausch sorgen. Sie sind der Sprit für die Seele, und deshalb danke ich den beiden Vereinen sehr, sehr herzlich!“, sagte der Bürgermeister weiter. Er überreichte an die Partnergemeinde eine Kopie des „schönen Bildes“, das an die Schlacht bei Eggmühl erinnert und im Pfarrhof Schierling hängt. Colienne van Innis übersetzte die Rede für die französischen Gäste.

Dudelsackspielermit bayerischer Fahne
Ein bretonischer Dudelsack mit bayerischer Flagge war ein Novum beim Festabend

Starkes Symbol

Kiendls Kollege Raynald Tanter sprach von der Begeisterung und Rührung, die immer wieder durch die gegenseitigen Besuche ausgelöst worden seien. Er sei stolz, dass sich die Partnerschaft in den 20 Jahren so stark gefestigt habe und es seien herzliche Freundschaften, die zwischen den Menschen beider Gemeinden geschlossen worden seien. „Dies ist ein starkes Symbol, auf das wir stolz sein können, angesichts der Wunden zwischen unseren beiden Ländern Deutschland und Frankreich!“, so Tanter. Die Partnerschaft sei ein Symbol dafür, dass es nicht mehr um die Heilung von Schmerzen, sondern um das gemeinsame Bestreben auf ein friedliches Leben, auf eine friedliche Welt, geht. Die beiden Bürgermeister seien die Garanten für dieses Symbol und sei seien auch die Übermittler der Botschaft des Vertrauens und der Hoffnung, sagte Penmarc’hs Bürgermeister.

Identität respektieren

Das Teilen der Kultur nannte er einen fundamentalen Aspekt der Partnerschaft und der gegenseitige Respekt vor der jeweiligen Identität der Schlüssel für ein gutes Zusammenleben. Gerade die letzten Wahlen in Europa hätten gezeigt, wie zerbrechlich die Sicherheit ist. Umso wichtiger sei es, dass die beiden Gemeinden im kleinen Rahmen ein Motor für die Gestaltung Europas sein können. Er versicherte, dass die bretonische Delegation glücklich sei und er war sicher, dass die meisten Menschen in ihrer Seele Europäer sind. Tanter hatte eine Granitplatte mitgebracht, in welche die 20-jährige Partnerschaft eingraviert ist. Aus dem gleichen Material sei auch der Leuchtturm Eggmühl gebaut.

Die Reden der beiden Bürgermeister in deutsch und französisch im Wortlaut: 

Rede Bgm. Christian Kiendl - deutsch
Discours officiel jumelage Christian Kiendl - français

Rede Bgm. Raynald Tanter - deutsch
Discours officiel jumelage Raynald Tanter - français

Drei Musiker beim Spielen
Jörg Lipka und Freunde

Feuerwerk als Überraschung

Nach dem offiziellen Teil, der musikalisch von Jörg Lipka und Freunden mitgestaltet wurde, gab es eine bretonisch-bayerische Kombination aus Dudelsack und Schlagzeug zu hören, wobei der Gast aus Penmarc’h bereits eine bayerische Rautenfahne an sein Instrument angebracht hatte. Nach einem gemeinsamen Mahl kam es mit einem spektakulären Feuerwerk über den Laberauen zu einem Höhepunkt der Feierlichkeit. Die Gäste waren begeistert, klatschen frenetisch und wünschten, dass die Gemeindepartnerschaft immer so schön bleibt.

Impressionen vom Feuerwerk
Mit einem Feuerwerk-Spektakel kam es zum Höhepunkt der Jubiläumsfeier

Das „schöne Bild“

Das 'schöne Bild'
Das "schöne Bild"

Das im Pfarrhof Schierling verwahrte Gemälde zeigt den damaligen Schierlinger Pfarrer Häring, der am grauen Star erblindet war und sich von seinen Kooperatoren wiederholt auf die blutgetränkte Flur führen lies, um die letzten vergessenen Verwundeten zu bergen und den Sterbenden die Wegzehrung zu reichen. In der Darstellung des Bildes trifft er gerade auf einen schwer verwundeten österreichischen Offizier und Arzt mit zerschossenen Beinen. Auch für ihn findet sich ein Platz im von Verwundeten überfüllten Pfarrhof zu Schierling. Nach seiner Genesung hat dieser Arzt zum Dank Pfarrer Häring mit einer gelungenen Operation das Augenlicht zurückgegeben. Der Maler dieses Bildes, Carl Wilhelm Freiherr von Heideck (1788–1861), 1809 Oberleutnant der bayerischen Armee, hatte nach dem Kampf um Schierling am 21. April 1809 im Pfarrhof übernachtet und hier den blinden Pfarrer Joseph Häring kennen gelernt. Als gewandter Zeichner bekam er tags darauf von Kronprinz Ludwig den Auftrag, die Schlacht von Eggmühl in einer Skizze festzuhalten. Ein Jahr später wurde er zusammen mit dem Maler Wilhelm von Kobell (1766–1853) noch mal nach Schierling beordert, um die unvollständige Skizze nun in Ruhe zu vollenden. Dabei stattete von Heideck auch dem greisen Pfarrer einen Besuch ab. Er war verblüfft, als ihm dieser mit sehenden Augen entgegentrat. Als er von ihm erfuhr, dass der von ihm gesund gepflegte österreichische Offizier nach seiner Genesung ihm mit einer gelungenen Operation das Augenlicht zurückgegeben hatte, war er so gerührt, dass er beschloss, den Augenblick, als Pfarrer Häring den verwundeten Arzt auffand, im Bild festzuhalten. Viele Jahre später, im Mai 1852, traf in Schierling das versprochene Werk ein. In einem Begleitbrief schrieb Heideck, der inzwischen zum Generalleutnant aufgestiegen war, an den nunmehrigen Pfarrer Hausmann: »Es freut mich, dem Gedächtnis eines Ehrenmannes ein kleines Denkmal stiften zu können und wünsche, dass meine gute Absicht meiner Kunst zu Hilfe komme und das Gemälde Ihnen Freude bereiten möge.“ Prinzregent Luitpold von Bayern hat anlässlich eines Besuches in Schierling bestimmt, dass das „Schöne Bild“ immer in Schierling bleiben soll und niemals in ein Museum oder Archiv abgegeben werden darf.
Das "schöne Bild" - deutsch
Le «beau tableau» - français

Gäste im Schützenheim
Aufmerksame Zuhörerer und Zuhörerinnen

 
Text und Fotos: Fritz Wallner