Mittelschule als Basis für perfekten Berufseinstieg

Informationsabend „Vorsprung mit Herz – die Mittelschule Schierling stellt sich vor“

SCHIERLING, 20.04.2017. Welche Schule ein Kind ab der 5. Klasse besucht, ist eine der schwierigsten Entscheidungen für Eltern und Kinder. Sie verursacht nicht nur bei den Viertklässlern selbst bisweilen enormen Stress. Dass die örtliche Mittelschule dabei keine „Restschule“ ist und dass das bayerische Bildungssystem einerseits jede Menge Chancen für praktisch begabte Jugendliche bietet, und andererseits alle Türen offen sind, wenn später erst „der Knoten platzt“, das wurde beim Informationsabend der Placidus-Heinrich-Mittelschule Schierling mit rund 80 Besuchern deutlich. Es handelte sich um einen Mutmacher-Abend, bei dem ein möglicher Vorsprung der Mittelschule für viele Kinder nicht nur theoretisch erläutert, sondern an Praxisbeispielen augenscheinlich wurde.

Gruppenbild der Beteiligten
Sie sehen die Mittelschule als eine höchst qualifizierende Schule, v.l. Dr. Josef Kindler, die Schüler Kilian und Sarah, Karin Schmal, Schulleiter Markus Winkler, Konrektor Sepp Hoffmann, Paul Völkl, Werkleiter Wolfgang Bergmann und Bürgermeister Christian Kiendl
Karin Schmal
Karin Schmal

Mit Karin Schmal, der Förderschullehrerin, und Paul Völkl, dem Ausbildungsmeister, hatten Schule und Förderverein zwei Persönlichkeiten eingeladen, für die die Mittelschule wie ein Startblock zum beruflichen und persönlichen Aufstieg wirkte. „Die Mittelschule war ein gutes Sprungbrett für meinen Beruf!“, stellte Schmal eindeutig fest. Sie absolvierte im Anschluss an einen guten „Quali“ in Schierling eine Ausbildung zur Arzthelferin, und hatte so automatisch den „Quabi“ – einen Qualifizierten Beruflichen Bildungsabschluss – als „mittleren Schulabschluss“ erworben.

Mit „Quabi“ zur Lehrerin

An der Mittelschule hatte sie auch Grundlegendes gelernt, wie etwa, pünktlich, freundlich und höflich zu sein, das sie für ihr späteres Leben sehr gut nutzen konnte. Weil sie merkte, dass mehr in ihr steckte, entschied sie sich für die Berufsoberschule, machte das Abitur und studierte an der Ludwig-Maximilian-Universität München Sonderpädagogik, was sie dazu befähigte, heute Förderschullehrerin in Landau/Isar zu sein. „Ich möchte diese Laufbahn nicht missen“, so ihre Zusammenfassung. Es sei für sie bereichernd zu wissen, dass sie auf einer gesunden Basis steht und sie wisse heute, dass sie in der 4. Klasse für einen solchen Weg noch nicht bereit gewesen wäre. Karin Schmal rühmte das bayerische Schulsystem, das vielfältige Möglichkeiten zu jeder Zeit offenhalte.

Paul Völkl
Paul Völkl

Praktikum als Türöffner

Paul Völkl – auch ein Absolvent der Mittelschule Schierling - ist heute Ausbildungsmeister bei der Eggmühler Maschinenbaufirma Holmer und betreut damit immer 25 bis 30 junge Leute beim Einstieg in die berufliche Laufbahn. „Jedes Jahr kommen 5 bis 10 Neue und mein Ziel ist es, sie zu perfekten Facharbeitern für unseren Betrieb auszubilden!“, so Völkl. Er warb dafür, dass die jungen Leute bei verschiedenen Betrieben ein Praktikum machen. Solche Erfahrungen mache die Mittelschule möglich, und damit sei die Entscheidung für einen bestimmten Beruf viel einfacher. Auch bei ihm stand das Praktikum im Zentrum, und zwar genau bei Holmer. Denn nicht nur er sei dabei sicher geworden, gerade diesen Beruf wählen zu wollen, sondern er sei auch bei Holmer positiv aufgefallen. Und weil der Beruf auch während der dreieinhalb Jahre Lehrzeit immer interessanter wurde, seien seine Noten in der Berufsschule besser gewesen als in der Mittelschule, bekannte er. Der Meisterbrief schließlich sei das Sprungbrett dafür gewesen, dass er „ganz gut nach oben gekommen“ ist.

Die Kinder der 5. Klasse
Die Kinder der 5. Klasse zeigten einen kreativen Tanz und finden ihre Schule cool und deshalb „Spitze“

Der Mensch und seine Teamfähigkeit

Werkleiter Wolfgang Bergmann von Maschinenbau Holmer bekräftigte Völkls Ausführungen und Erfahrungen. Sein Betrieb habe einen sehr hohen Anteil an Mittelschülern, so Bergmann. Und – selbstverständlich – würden die Noten eine Rolle spielen, viel wichtiger aber sei die Frage, was das für ein Mensch sei, der zum Betrieb stoßen will. Denn, so Bergmann: „Er muss ins Team passen!“. Er müsse gut im Job sein, Spaß an der Arbeit haben und es mit den Kollegen „können“. Gerade deshalb seien auch für ihn die Praktika sehr wichtig. Denn dabei könne sich jeder Betrieb einen persönlichen Eindruck von dem jungen Menschen machen. „Die Mittelschule ist ein guter Weg!“, fasste Bergmann zusammen. Er ist kein gebürtiger Bayer, weshalb er einen besonderen Blick auf das bayerische Schulsystem hat, das er insgesamt „klasse“ findet. Die Mittelschule sei eine saubere Basis für Ruhe und Sicherheit und ein reizvolles Angebot an die jungen Menschen, damit später bei vielen „irgendwann der Knoten platzen kann“.

Fachkräftemangel wird deutlich

Schulleiter Markus Winkler hatte die vielen Besucher begrüßt und fasste das Ziel der Schierlinger Mittelschule so zusammen: „Wir sind auf die Persönlichkeitsentwicklung ausgerichtet wie sonst keine andere Schulart und wir wollen gereifte junge Erwachsene entlassen, die stark im Beruf, im Wissen und als Person sind!“. Die Mittelschule nehme sich Zeit, die Schwächeren zu fördern und die Starken zu fordern. Die Berufsorientierung stehe ab der 7. Klasse im Vordergrund und deshalb würden Mittelschüler – im Vergleich zu anderen Schularten – nur sehr selten die Ausbildung abbrechen. Daneben achte die Schierlinger Mittelschule sehr darauf, die Jugendlichen zu mündigen Bürgern zu erziehen und sie auf die Teilhabe an der Gesellschaft vorzubereiten. Das „soziale Lernen“, nämlich der Blick auf die Werte Freundlichkeit, Höflichkeit, Rücksichtnahme und Teamfähigkeit nähmen einen hohen Stellenwert ein. Dies sei schon deshalb möglich, weil die Klassen in der Mittelschule mit meistens unter 20 Jugendlichen klein seien. „Bei uns steht das Kind im Mittelpunkt, nicht die Leistung!“, so Winkler, und deshalb sei die Mittelschule ein Ort „mit Herz“.

Sozialer Druck macht krank

Konrektor Sepp Hoffmann moderierte den Abend und lobte die Schierlinger Wirtschaft für ihre Kooperationsbereitschaft sowie den Schulförderverein für sein großes Engagement. Diesen Verein mit derzeit 406 (!) Mitgliedern stellte dessen Vorsitzender Dr. Josef Kindler vor. „Jedes Kind soll unsere Schule verlassen und lesen, schreiben und rechnen können“, so Kindler. Deshalb unterstütze der Verein mit individuellen Angeboten für das Lesen, Rechtschreiben, Computern und Sprachen. Doch auch die Kultur, Musik, das Theater und die Kreativität gelte es ebenso zu fördern wie die soziale Bildung und die Integration. Aktuell handle es sich um etwa 40 Stunden in der Woche. Der Arzt empfahl den Eltern, ihre Kinder genau zu beobachten, an welche Schule sie gehören. Und er warb dafür, auf den Rat der Lehrkräfte zu vertrauen. „Lassen sie ihr Kind, Kind sein lassen“, bat er und er machte darauf aufmerksam, dass sozialer Druck bei vielen Kindern Krankheiten auslöse. „Das haben oft wir als Eltern provoziert“, sagte der erfahrene Mediziner.

Ganztagsbetreuung

Gertraud Kurz-Hoffmann von der Ganztagsbetreuung der Evangelischen Jugendsozialarbeit (EJSA) bestätigte, dass das Engagement mit dem Übertrittsjahrgang oft anstrengend ist. Gerade da setze die Arbeit der EJSA an, um mit individueller Betreuung, einem adäquaten Freizeitangebot und hoher Flexibilität auf die Situation der Kinder einzugehen. 110 Schülerinnen und Schüler, davon 18 aus der Mittelschule, nehmen dieses Angebot derzeit in Anspruch, von denen einige eine eindrucksvolle Bildershow zusammengestellt hatten.

Wir können Zusammenhalt, wir schaffen das!

Die Fünftklässler begeisterten die Besucher mit einem kreativen Tanz, die Neuntklässler Sarah, Kilian und Moritz blickten zurück auf die letzten fünf Jahre ihrer Mittelschulzeit und trugen eindrucksvoll ihre Zukunftsplanung vor. Sie engagierten sich im Laufe der Jahre beim Umweltschutz, bei der Feuerwehr und als Schülerlotsen. Im Mai fahren sie gemeinsam nach England, um dort auch noch Englisch mit muttersprachlichen Lehrern zu erleben. „Wir können Zusammenhalt, wir schaffen das!“, so ihr Credo und sie erkannten die Mittelschule als „Basis für fast unbegrenzte und für ungeahnte Möglichkeiten“. Konrektor Hoffmann plädierte für Pädagogik an der Schule, damit es allen Schülern gut geht.

Schulleiter Markus Winkler fasste zusammen und stellte fest, dass die Übertrittszahlen in Bayern so sind, dass etwa zwei Drittel die angestammte Schule verlassen und an eine Realschule oder Gymnasium wechseln. „Die anderen dürfen sich nicht als Verlierer fühlen, denn sie sind keine Verlierer!“, so Winkler. Oft sei der Umweg der lohnendere Weg im Leben. Und Sarah, Kilian und Moritz seien für ihn gute Beispiele für selbstbewusste junge Leute, die mit Sicherheit ihren Weg gehen werden.

Internet-Link

Mehr zum Erreichen eines Mittleren Schulabschlusses an der Mittelschule in Bayern gibt es im Internet unter https://www.km.bayern.de/eltern/abschluesse/mittlerer-schulabschluss/mittelschule.html

 
Text und Fotos: Fritz Wallner