Hilfe zur Selbsthilfe leisten

Ehrenamtlicher Asylbewerber-Unterstützerkreis arbeitet seit einem Jahr

SCHIERLING, 27.10.2015. Derzeit leben 49 – darunter 11 Kinder - Flüchtlinge aus Syrien, Äthiopien, der Ukraine und Georgien in vier verschiedenen Häusern in Schierling und Unterdeggenbach. Sie werden vom ehrenamtlichen Asylbewerber-Unterstützerkreis betreut, der seit gut einem Jahr ebenso lautlos wie effektiv arbeitet. Jetzt lud er zu einer öffentlichen Versammlung ein, um seine umfangreichen Aktivitäten vorzustellen. Sprecherin Claudia Buchner sah in dem Engagement in erster Linie eine Hilfe zur Selbsthilfe und Bürgermeister Christian Kiendl freute sich, dass diese humanitäre Aufgabe in Schierling so gut bewältigt wird.

Besprechung mit dem Asylbewerberunterstützerkreis
Schierlings Bürgermeister Christian Kiendl (links) lobte die effektive und engagierte Arbeit des Asylbewerber-Unterstützerkreises mit seiner Sprecherin Claudia Buchner (Bildmitte)

Der Unterstützerkreis mit 35 Ehrenamtliche, die in irgendeiner Form direkt mit den Flüchtlingen zu tun haben, trifft sich im Abstand von drei bis Wochen, um immer neu sich einzustellen und auf Neuankömmlinge reagieren zu können. Oft geht es nach den Worten von Claudia Buchner um persönliche Angelegenheiten der Flüchtlinge, weshalb alle Helfer eine Schweigepflichtserklärung unterschrieben haben. Hilfe wird geleistet, sofern diese benötigt wird. „Wir wollen ihnen nicht alles abnehmen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe für ihr späteres Leben in Deutschland leisten“, so Buchner.

Viele Problemstellungen

Foto des Syrers Hassan
Der Syrer Hassan berichtete von seinen schlimmen Erlebnissen auf der Flucht

Probleme tauchen vielgestaltig auf: die meisten Ankömmlinge können kein Deutsch und oft auch nicht Englisch, sondern sie sprechen eine Stammessprache. Es gibt gesundheitliche Probleme, Behördengänge und die örtliche Orientierung sind wichtige Themen der Hilfe, außerdem Fragen der Kleidung, des Heizens und Lüftens in einer Wohnung. „Die meisten kommen aus Ländern, wo es das ganz Jahr sehr warm ist“, so Buchner. Wichtig sei auch die Hinführung „wie die Deutschen ticken“. Schließlich geht es um die Einschulung für Kinder, die Suche nach einem Praktikums- oder Arbeitsplatz, sofern die Flüchtlinge überhaupt arbeiten dürfen. Die politischen Diskussionen und das Weltgeschehen seien bei diesem Thema die eine Sache, so die Sprecherin. „Unsere Sache ist, dass diese Menschen, die oft schwierigste Situationen hinter sich haben, in Schierling so behandelt werden, wie wir behandelt werden wollen“, fasste sie die Intention der Helferinnen und Helfer zusammen. Die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Regensburg sei hervorragend berichtete Annette Straßer vom Familienstützpunkt. Das Landratsamt hat im Markt Schierling derzeit sechs Objekte angemietet, in denen bis zu rund 110 Flüchtlinge unterkommen können. Zwei Objekte sind noch nicht belegt.

Ausgebombt in Syrien

Der inzwischen anerkannte Syrer Hassan – einer der ersten in Schierling angekommenen – hat inzwischen wie viele andere gut Deutsch gelernt und berichtete über seine schrecklichen Erlebnisse in seinem Heimatland und auf der Flucht. In Ungarn habe er selbst erlebt, wie einem Flüchtling beim Abnehmen des Fingerabdrucks der Arm gebrochen wurde. Jeder syrische Mann müsse befürchten, dass er von einer der Kriegsparteien rekrutiert wird. Seine Wohnung dabei sei kaputt, in das Haus der Mutter, in das seine Frau und die beiden Kinder geflüchtet sind, ist eine Bombe gefallen. Derzeit sucht er ein Wohnung in Schierling.

Kleiderkammer für alle

Die Hilfe der Ehrenamtlichen konzentriert sich auf die Bewältigung des täglichen Lebens. Deutschkurse – aktuell im Sitzungssaal des Rathauses – werden gehalten, es gibt Hausaufgabenbetreuung und die Kleiderkammer steht nach Annette Straßer sowohl Flüchtlingen als auch bedürftigen Einheimischen zur Verfügung. Das gleiche gilt für die geplante „Kulturtafel“, bei der Vereine und Organisationen kostenlosen Theater- oder Kinobesuch sowie Gutscheine für die Teilnahme an Festen anbieten können. Colienne van Innis kündigte den Start eines Deutsch-Konversations-Kurses an, zu dem auch Schierlinger kommen können. Das Sprachenteam umfasse derzeit 10 Personen, davon drei hauptamtliche Lehrer.

Bürgermeister ist dankbar

Claudia Buchner dankte allen Helferinnen und Helfern und versicherte, dass vieles nicht gemacht werden könnte, wenn nicht die Gemeinde so dahinterstehen würde. Der Bürgermeister war dankbar, dass nicht zuletzt aufgrund der Arbeit des Unterstützerkreises die Stimmung in Schierling offen und nicht ängstlich ist. Er war sicher, dass der Markt Schierling bis zu 110 Flüchtlinge gut aufnehmen kann. „Den Schierlingern muss nicht bange sein“, so Kiendl und es würden für die Gemeindekasse auch keine nennenswerten Kosten anfallen. Der Kreis hat eine klare Zuständigkeitsstruktur. Träger ist der Markt Schierling, weil damit der äußere Rahmen mit den wichtigen Fragen der Versicherung und des Rechtsschutzes für Sicherheit sorgt.

In der Diskussion wurde klar, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht in die dezentralen Einrichtungen nach Schierling kommen, sondern direkt vom Kreisjugendamt mit Unterstützung der katholischen Jugendfürsorge betreut werden.

Einladung

Das nächste „multikulturelle Cafe“ des Asylbewerber-Unterstützerkreises findet am Samstag, 7. November um 15 Uhr im katholischen Pfarrheim statt. Alle interessierten Bürger sind eingeladen, diese Chance der Begegnung mit Asylbewerbern wahrzunehmen.

 
Text und Fotos: Fritz Wallner